Wasserstoffstrategie: Deutschlands Wettlauf gegen Zeit und Realität
Deutschlands Wettlauf um Wasserstoff: eine Vision mit Hürden. Zeitdruck und Realitätscheck stehen bevor. Ein energiepolitisches Puzzle entfaltet sich.
Die politisch gewollte Dekarbonisierung der deutschen Wirtschaft benötigt mehr Wasserstoff, als in Deutschland auf absehbare Zeit aus erneuerbaren Energien erzeugt werden kann. Dies liegt nicht nur an einem Mangel an Solar- und Windenergie.
Von Nord nach Süd: Es fehlt notwendige Infrastruktur
Es fehlt auch an Übertragungsnetzkapazitäten, um den vorwiegend in Nord- und Nordostdeutschland erzeugten Strom zu den industriellen Schwerpunkten im Süden der Republik zu transportieren. Dies ist keine neue Entwicklung.
Für den politisch verzögerten, aber notwendigen Ausbau der Nord-Süd-Verbindungen soll nun der Steuerzahler aufkommen. In einem Brief an die Bundesregierung fordern die vier Übertragungsnetzbetreiber zusätzlich 7,8 Milliarden Euro, um den Ausbau der Netze und die Förderung der erneuerbaren Energien sicherzustellen.
Während Deutschland bei der regenerativen Stromerzeugung nur noch die Technologie importieren muss, aber inländische Potenziale nutzen könnte, sieht es beim grünen Wasserstoff weniger gut aus.
Grüner Wasserstoff: Import oder Eigenproduktion?
Mit dem Ende der Erdgasimporte aus Russland wurde der Erdgasgroßhandel größtenteils auf die vom Bund finanzierten und vom Steuerzahler garantierten Unternehmen Sefe und Uniper übertragen. Wie lange sich Deutschland noch auf LNG-Importe aus den USA verlassen kann, hängt hauptsächlich von den Präsidentschaftswahlen in den USA ab. Deren Auswirkungen sind derzeit kaum kalkulierbar.
Die Umstellung der deutschen Gasversorgung auf Wasserstoff steht jetzt in direkter Konkurrenz zum LNG-Import, der ohne größere Umbauten auf die bestehenden Gasnetze zurückgreifen kann.
Wenn nun aus politischen Gründen die Umstellung der deutschen Gasversorgung von LNG auf Wasserstoff schneller erfolgen soll, als sich die Investitionen in die LNG-Versorgung amortisieren können, wird dies ohne staatliche Subventionen nicht funktionieren.
Die geopolitische Dimension: Wasserstoffimporte und internationale Beziehungen
Die denkbaren Wasserstoffquellen für eine Versorgung Deutschlands sind bisher im Wesentlichen auf Studien beschränkt.
Seit dem Start des Verbundprojekts HySupply im Jahr 2020 wurde die Machbarkeit einer Wasserstoffbrücke zwischen Australien und Deutschland systematisch analysiert.
Dazu untersuchten die Forscher beispielsweise, wie Tanker aus Australien den Wasserstoff in flüssiger Form transportieren könnten und verglichen den wirtschaftlichen Nutzen und die technische Machbarkeit verschiedener Transportinfrastrukturen. Dazu gehören ein Wasserstoffnetz, Produktpipelines, Binnenschiffe und der Transport per Bahn. Die beiden letztgenannten Verkehrsträger leiden in Deutschland bereits heute unter erheblichen Kapazitätsengpässen.
Auch das Projekt ″HySecunda″ will Produktion, Speicherung, Capacity Building und Zertifizierung von Wasserstoff im südlichen Afrika optimieren. Südafrika könnte dann in den kommenden Jahren eine wichtige Rolle als sicherer Produzent von grünem Wasserstoff spielen. Allerdings bestehen derzeit noch Herausforderungen bei der Speicherung und Verteilung des Rohstoffs.
Alle Studien konzentrieren sich auf die technische Machbarkeit. Die damit verbundenen Kosten werden ebenso wenig betrachtet wie die politischen Rahmenbedingungen und deren Stabilität. Die Frage, ob Deutschland in Zukunft in der Lage sein wird, diese Rahmenbedingungen auch mit militärischen Mitteln zu sichern, wird bisher weitgehend ausgeblendet.
Risiken und Chancen: Kann Wasserstoff Deutschlands Energieproblem lösen?
Solange Deutschland bei der Umstellung seiner Stromversorgung auf erneuerbare Energien in der Europäischen Union führend ist, macht der Import von grünem Wasserstoff aus anderen europäischen Ländern wenig Sinn.
Deshalb setzt man hierzulande seine Hoffnungen auf Länder, die der deutsche Verbraucher nicht wirklich einschätzen kann. Dazu gehören neben den genannten Ländern auch Kanada und Namibia, die als Deutschland-freundlich dargestellt werden.
Ob das am Ende so sein wird, lässt sich kaum vorhersagen. Die deutsche Energieversorgung davon abhängig zu machen, ist zumindest ein gewagtes Spiel. Das Risiko trägt der Steuerzahler.
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