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Projekt Betreuungsgeld: Deutet die Debatte auf den zunehmenden Zerfall der schwarz-gelben Regierung hin?

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Verkehrsminister Ramsauer (CSU) sorgt sich, dass er Geld aus seinem Etat abzweigen muss.

Finanzminister Schäuble (CDU) würde die Ausgaben durch das Betreuungsgeld lieber auf später verschieben - oder vielleicht auch ganz streichen?

Jedenfalls äußert er er gleich mehrere Einwände: Der gleichzeitige Bezug von Elterngeld und Betreuungsgeld, der, wie Die Welt schreibt, "nach Schröders Plänen" im 13 und 14. Lebensmonat des Kindes möglich sei, gehe gar nicht, so Schäuble, das müsse verhindert werden. Auch sei die Kontrolle darüber schwierig, ob tatsächlich nur Eltern, die ihr Kind in keine Betreung geben, das Geld bekommen. Das müsse sichergestellt werden.

Außerdem befürchtet Schäuble, dass das Gesetz vielleicht doch dem Bundesrat vorgelegt werden muss, was angesichts der Mehrheitsverhältnisse eine Schlappe der Regierung wahrscheinlich macht.

Das Justizministerium, geleitet von FDP-Ministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, macht, wie angekündigt, grundlegende rechtliche Bedenken geltend, besonders, was den Gleichheitsgrundsatz betrifft. So bekommen Eltern, die ihre Kinder in öffentlichen Einrichtungen betreuen lassen, kein Betreuungsgeld. Das gilt möglicherweise jedoch nicht für Eltern, die Geld genug haben, um ihre Kinder privat betreuen zu lassen.

Aus der Stellungnahme des Justizministeriums wird folgendes zitiert:

Das Justizministerium fordert, dass "hinreichend gewichtige Sachgründe" für die unterschiedliche Behandlung von Eltern dargelegt werden müssen. Verwiesen wird darauf, dass Eltern, die ihre Kinder in öffentlich geförderten Einrichtungen betreuen lassen, kein Betreuungsgeld erhalten sollen. Demgegenüber sollten Eltern, die ihre Kinder privat betreuen lassen, die Leistung bekommen, auch wenn sie voll erwerbstätig sind, wird unter anderem in der Stellungnahme des Justizministeriums moniert.

Familienministerin Kristina Schröder, allem Anschein auch nach keine unbedingte Anhängerin der Betreuungsgeld-Idee, hat heute den Gesetzentwurf ihres Ministeriums vorgelegt und kassiert kräftig Kritik aus dem Regierungslager. Die Opposition muss gar nichts hinzutun, sie kann zuschauen.

Zu den grundlegenden Fragen, die das von der CSU initiierte Projekt aufwirft, gibt es keine sachlich neuen Antworten. Ob zuhause erziehende Eltern finanziell unterstützt werden sollen, und wer genau; ob es denn nicht erst dann gerecht zuginge, wenn genau diejenigen Geld bekämen, die es nötig haben (Hartz-IV-Empfänger); ob man das Geld, zwischen einer und zwei Milliarden im Jahr, nicht besser in das Projekt stecken sollte, das für die Allgemeinheit wichtiger ist, der Ausbau der Krippen und damit zusammenhängend eine besseren Entlohnung und Ausbildung der Erzieher - das sind allesamt Streitpunkte, die sich im Laufe der letzten Wochen angesammelt haben.

Dazu kommen die heutigen Vorbehalte (Fünf Minister stellen sich gegen das Betreuungsgeld).

Es sieht ganz und gar nicht so aus, als ob die Kritikpunkte am Betreuungsgeld in einer Weise beantwortet werden könnten, die allein das Regierungslager zufriedengestellt hätte. Das Projekt ist zu einem Politikum geworden, die Auseinandersetzung wird parteipolitisch geführt, Fortschritte sind nicht zu erwarten.

Ob die Angelegenheit Betreungsgeld eine von jenen kleineren Störungen ist, eine unwichtige Krise, welche die größere Krise anzeigt, den Zerfall der schwarz-gelben Regierung (Die Zeichen des Niedergangs)?