Wer Frieden will, bereite den Frieden vor

Seite 2: Hoffnung auf militärische Lösung trügerisch

Die Hoffnung auf einen militärischen Siegfrieden der Ukraine mithilfe westlicher Waffen, militärischer Ausbildung und Logistik trügt. Sie würde das militärisch übermächtige Russland in eine Ecke drängen, die es zu noch gefährlicheren, möglicherweise nuklearen Eskalationsschritten verleiten könnte. Deshalb dürfen die roten Linien bei Waffenlieferungen und militärischer Unterstützung nicht beständig nach vorne verlegt werden.

Die Eskalation der militärischen Gewalt wird dem "Ernstfall Frieden" (Heinemann) und dem Erhalt der Freiheit des ukrainischen Volkes nicht gerecht.

Die Martin-Niemöller-Stiftung e.V. hält angesichts der dramatischen Dynamik des Kriegsgeschehens an erprobten Maximen fest, die geeignet sind, den Konflikt militärisch und politisch zu deeskalieren:

- Sie unterstützt friedensfördernde Initiativen und Debatten. Sie spricht sich gegen Flugverbotszonen, gegen weitere Waffenlieferungen, gegen die Ausbildung ukrainischer Soldaten an "schweren" Waffen und gegen das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr aus.

- Deutschland und die Nato dürfen infolge des Beistandes für die Ukraine in einem absehbar längeren Abnutzungskrieg nicht zur Kriegspartei werden. Gegenwärtig sind wir de facto und entgegen den Erklärungen seitens Deutschlands und der Nato auf dem Weg dorthin. Die Grenze dazu könnte schon überschritten sein, weil ukrainische Soldaten seit dem 11.5.2022 in Deutschland an "schweren" westlichen Waffen, der Panzerhaubitze 2000, ausgebildet werden, sodass "der gesicherte Bereich der Nichtkriegführung verlassen" sein könnte.1

- Im Hinblick auf einen künftigen Friedensschluss ist schon jetzt eine Politik zu konzipieren, die sich an den in der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa von Helsinki (KSZE) entwickelten Grundsätzen der Souveränität aller Staaten und ihrer "Gemeinsamen Sicherheit" orientiert. Wir plädieren für eine Kurskorrektur in der aktuellen Kriegs- und Sicherheitspolitik.

- Das Paradigma des Wettrüstens und des Blockdenkens ist umzudenken in ein Paradigma der Entfeindung und der Abrüstung. Es muss zunächst auf die Bestätigung und dann ggf. die Weiterentwicklung der Verträge über antiballistische Raketen (ABM), nukleare Mittelstreckenraketen (INF), unbewaffnete Beobachtungsflugzeuge (Open Sky) und konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE) gedrungen werden.

- Die diesjährige Konferenz der Vertragsstaaten des Atomwaffenverbotsvertrages (AVV) muss die Abschaffung aller Atomwaffen fordern. Die Absage an Geist, Praxis und Politik der atomaren Abschreckung bleibt auf der Tagesordnung. Rüstung tötet schon jetzt! Der damit verbundene Aufwand von Ressourcen behindert den Kampf gegen die ökologische Zerstörung der Erde und gegen den Hunger von Millionen Menschen. Bei weiterer Hochrüstung können die überlebenswichtigen Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen nicht erreicht werden. Sozial prekäre Verhältnisse gefährden die Stabilität von Demokratien und begünstigen menschenfeindliche Attacken.