Wer legte die Moskauer Autobombe – und warum?

Daria Dugina (1992-2022). Bild: Дарья Дугина, CC BY 3.0

Die junge rechtsextreme Philosophin Daria Dugina fiel am Samstagabend in Moskau einem Autobombenanschlag zum Opfer. Der Fall sorgt für Debatten und Spekulationen. Wem nutzt die Tat politisch?

War Daria Dugina nur Zufallsopfer oder eigentliches Anschlagsziel? Vier Tage nach dem Mordanschlag, bei dem die 29-Jährige auf einer Moskauer Autobahn ihr Leben verlor, blühen die Spekulationen.

Wie Telepolis berichtet hatte, explodierte ein SUV, in dem nur Dugina saß, aufgrund eines Sprengsatzes mit der Kraft von 400 Gramm TNT. Bereits kurz nach dem Attentat glaubten viele Beobachter unterschiedlichsten Hintergrunds, dass eigentlich Duginas Vater, der prominente rechte Moskauer Ideologe Alexander Dugin, Ziel des Anschlags gewesen sei. Dieser hatte sich erst kurz vor der Explosion zur Fahrt in einem anderen Auto entschieden.

Dugin sagt man – nach Meinung vieler russischer Fachleute zu Unrecht – einen Einfluss auf den Kreml und eine Vorreiterrolle bei der Rechtswende der Moskauer Politik hin zur ultrakonservativen Ideologie von einer "russischen Welt" nach. Diese schließt laut Dugin auch zahlreiche Nachbarstaaten ungefragt mit ein, die in der Zaren- oder Sowjetepoche zum russischen Dominanzbereich gehörten.

An der Theorie, Dugin Tochter sei nur zufällig Opfer eines Anschlags auf ihren Vater geworden, gibt es jedoch auch Zweifel. Unter Berufung auf Strafverfolgungsbehörden meldete die Moskauer Nachrichtenagentur Tass, Daria Dugina habe durchaus im Visier gestanden.

Zweifel an der offiziellen ukrainischen Spur

Bereits am Tag nach dem Anschlag merkte der britische Russlandexperte Mark Galeotti ironisch an, der russische Inlandsgeheimdienst FSB werde zur Tat mit Sicherheit eine Spur nach Kiew finden, womöglich gleich auch mit einem ukrainischen Wörterbuch in einer konspirativen Moskauer Wohnung.

Als ob sie Galeotti bestätigen wollten, haben die Moskauer Strafverfolgungsbehörden mittlerweile eine Tatverdächtige präsentiert, die genau seiner Prognose entspricht: Eine Ukrainerin namens Natalia Wowk aus Mariupol, die sich nur wenige Wochen mit ihrer zwölfjährigen Tochter in Russland aufgehalten haben soll. Sie habe das Land kurz nach dem Mordanschlag wieder Richtung Estland verlassen.

Zahlreiche Kritiker der russischen Regierung und auch die Regierung in Kiew hegen den Verdacht, es werde ein ukrainisches Geheimdienstkomplott konstruiert, um das aktuelle Feindbild zu stärken – natürlich mit mutmaßlicher angloamerikanischer Unterstützung. Aus dem Umfeld des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und seinem Kabinett kam es auch zu zahlreichen, teilweise heftigen Dementis gegen Anschuldigungen aus Moskau.

Entgegen erster Gerüchte ist Wowk keine Kämpferin des rechtsextremen ukrainischen Asow-Batallions, sondern laut der Nachrichtenagentur Ria Novosti eine reguläre Angehörige der ukrainischen Armee. Vertreter der regierungsnahen russischen Politik sehen sie fast einstimmig als ukrainische Agentin. Eine öffentliche Äußerung der Verdächtigen zur Tat ist bisher nicht bekannt.