Wie Karl Lauterbach für Chaos in der Gesundheitspolitik sorgt

Seite 2: Karl Lauterbach, der Bundestwitterminister

Die Gesundheitspolitik hat viele Baustellen: Der Pflegenotstand etwa dauert ungemindert an, die Lage von Kinderkliniken und ambulanten Kinder- und Jugendarztpraxen ist dramatisch und die Corona-Pandemie ist noch nicht überwunden. (Abgesehen davon, dass die Maßnahmen die Menschen im Land gespalten haben.) Viel zu tun also für den Gesundheitsminister.

Doch Karl Lauterbach (SPD) scheint von den Herausforderungen seines Hauses zunehmend überfordert. Er wird damit auch für Bundeskanzler Olaf Scholz zum Problem. Der aber schaut weg. Ein wenig wohl aus Solidarität mit seinem Genossen. Ein wenig aber auch in Ermangelung einer Alternative für die Leitung des Gesundheitsressorts.

Lauterbach und sein Ministerium haben im vergangenen Jahr oft für Verwirrung, aber selten für die notwendige Transparenz und Aufklärung gesorgt.

"Eine von 5.000 Personen ist von einer schweren Nebenwirkung nach einer Covid19-#Impfung betroffen", lautete ein grundfalscher Tweet des Ministeriums, der tags drauf gelöscht wurde.

Einer Frau, die auf der Facebook-Seite des Ministeriums verzweifelt um Hilfe bittend von ihren schweren Impfnebenwirkungen berichtete, antwortete man: "Bitte unterlassen Sie Falschaussagen wie diese."

Und zuletzt verkündete Lauterbach: "Die Impfung schützt nicht mehr vor der Ansteckung" – wenige Wochen, nachdem er die Menschen im Land dazu aufgerufen hatte, sich massenhaft alte und wohl wenig wirksame Impfstoffe verabreichen zu lassen.

Es sind nicht nur fachliche Fehler, es ist vor allem die Kommunikation, an der es hapert. Lauterbach ist ein Jahr nach Amtsantritt berüchtigt dafür, dass er Aussagen zum sensiblen Thema der Pandemiepolitik an einem Tag tätigt, um sie wenig später en passant zu revidieren, gerne in Talkshows.

Dadurch ist es ihm gelungen, seine Glaubwürdigkeit in der kurzen Amtszeit weitgehend zu verspielen. Nicht wenige meinen, dass der amtierende Minister ein schlechteres Bild abgibt als sein Vorgänger Jens Spahn. Das muss man erst einmal schaffen!

Die mangelnde Seriosität und Professionalität in Arbeit und Kommunikation des Bundesgesundheitsministers und seines Hauses sind verheerend. Denn gerade in der Pandemie wäre es notwendig gewesen, dass es von dieser Seite verlässliche und transparente Vorgaben gibt. Stattdessen: Chaos allerorts.

Das zeigt sich im Großen wie im Kleinen. So investierte das Ministerium Millionengelder, um Faktenblätter zur Corona-Politik in der Tagespresse landesweit zu veröffentlichen. Die Zusammenstellungen aber waren derart dilettantisch, dass schon der zweite so genannte Fakten-Booster zurückgezogen werden musste.

Minister Lauterbach scheint aus der Kommunikationskatastrophe wenig gelernt zu haben. Vor wenigen Tagen veröffentlichte er einen Tweet, in dem er den Nutzernamen eines beteiligten Wissenschaftlers einfügen wollte, versehentlich aber den ähnlich lautenden Seitennamen einer Mode- und Erotikseite eingab. Es hagelte Hohn, Lauterbach korrigierte den Fauxpas stillschweigend.

Das könnte amüsant sein, wenn die gleiche Zerstreutheit nicht auch die Arbeit des Ressorts belasten würde. Vor wenigen Wochen gab es daher sogar einen kleinen Aufstand der Mitarbeiter im Ministerium: Es gebe zu viel Stress und zu wenig Kommunikation, hieß es auf einer Betriebsversammlung. Geändert hat sich seither wenig.

Aber Probleme fantasiert Karl Lauterbach einfach weg. So wie den Pflegenotstand. "Wir haben ja nicht zu wenig Pflegekräfte gemessen an der Bevölkerung, wir setzen sie sehr wenig effizient ein", sagte er und erntete in der gesamten Branchen Kopfschütteln. Denn tatsächlich fehlen 30.000 Pflegerinnen und Pfleger. Trotz aller großspurig angekündigten Regierungsinitiativen.

Ein Jahr nach Amtsantritt darf es im Gesundheitswesen kein "Weiter so" geben. Gesundheitsminister Lauterbach könnte ja mal sein Twitter-Account abschalten und sich endlich der Lösung der zahlreichen Krisen widmen.

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