Wie Rheinmetall an der Aufrüstung Russlands verdiente

SPz Marder von Rheinmetall

Der SPz Marder aus dem Hause Rheinmetall. Hier im Dienst der Indonesischen Armee.

(Bild: Indonesian Army, Wikimedia Commons)

Der Krieg in der Ukraine hat den Aktienkurs von Rheinmetall beflügelt. Was vergessen scheint: Der Konzern half, die russische Armee aufzurüsten. Das sind die Hintergründe.

Der heute in Düsseldorf ansässige Rheinmetall-Konzern hat eine bewegte Geschichte im Schatten der staatlichen Rüstung. Wenn die deutsche Politik verstärkt in Rüstung investiert, erreicht der Unternehmenswert Höchstwerte. Doch wenn das deutsche Kartellamt ein Machtwort spricht, bricht der Kurs trotz guter Geschäfte plötzlich ein.

Dass nach dem Ende des Kalten Krieges auch Rüstungsaufträge aus Russland an Land gezogen wurden, tat dem Ruf des Unternehmens keinen Abbruch. Zu gut scheint der Konzern in Berlin vernetzt zu sein. Im Lobbyregister des Bundestages findet sich seit 2015 auch der ehemalige FDP-Minister Dirk Niebel als Interessenvertreter von Rheinmetall.

Eine kurze Geschichte von Rheinmetall

Der heutige Rheinmetall-Konzern geht auf die am 13. April 1889 gegründete Rheinische Metallwaaren- und Maschinenfabrik Actiengesellschaft zurück. Die AG hatte keinen Mehrheitsaktionär, knapp 80 Prozent des Kapitals waren nahezu gleichmäßig auf die Gründungsbanken Schlesinger-Trier & Cie, Berlin, Erlanger & Söhne, Frankfurt, und Gebrüder Sulzbach, Frankfurt, verteilt.

Dies änderte sich 1909, als die Fried. Krupp AG 40 Prozent des Aktienkapitals. 1925 übernimmt das Deutsche Reich die Aktienmehrheit von rund 52 Prozent an Rheinmetall. Die Aktien werden zunächst von der Vereinigten Industrie-Unternehmungen Aktiengesellschaft (VIAG) gehalten, einer Holding, die den gesamten Reichsbesitz und die Reichsbeteiligungen verwaltet.

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1938 gehen die Aktien an die Reichswerke Aktiengesellschaft für Erzbergbau und Eisenhütten ″ Hermann Göring″, 1943 an die reichseigene Bank der Deutschen Luftfahrt AG. Krupp zieht sich nun schrittweise aus Rheinmetall zurück.

Am 1. Januar 1936 wird die Rheinische Metallwaaren- und Maschinenfabrik Actiengesellschaft in Rheinmetall-Borsig AG umbenannt. Am 23. Juni 1956 übernimmt die Familie Röchling die Aktienmehrheit der Rheinmetall-Borsig AG, die bis dahin von der Bank der Deutschen Luftfahrt AG i. L. gehalten wurde. Am 20. November erfolgt die Umfirmierung in Rheinmetall Berlin AG.

1958 wird der Anteil des schweizerisch-spanischen Rüstungskonzerns Hispano-Suiza in Höhe von knapp 17 Prozent durch einen Aktienrückkauf zulasten der freien Aktionäre übernommen, da die Schweiz nicht der NATO beitreten will.

Noch 1997 hielt der Großaktionär Röchling Industrie Verwaltung GmbH 65,5 Prozent der Stammaktien und zusammen 51 Prozent der Stamm- und Vorzugsaktien. Am 23. November 2004 kündigte die Eigentümerfamilie Röchling an, sich von ihren Rheinmetall-Aktien zu trennen. Einen Tag zuvor hatte die Rheinmetall-Vorzugsaktie mit 39,99 Euro ein neues Allzeithoch erreicht.

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Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine stieg die Rheinmetall-Aktie am 25. Februar 2022 auf 101,20 Euro und überschritt am 28. März 2022 erstmals in ihrer Geschichte die 200-Euro-Marke.

Am 13. März 2023 gab das Bundeskartellamt bekannt, dass es im Rahmen eines Missbrauchsverfahrens erreicht habe, dass die Rheinmetall Landsysteme GmbH eine von Rheinmetall entwickelte Fehlerdiagnose-Software für den Radpanzer "GTK-Boxer" an die FFG Flensburg Fahrzeugbau liefert, was zur Einstellung des Kartellverfahrens führte.

In der Folge gab der Kurs der Rheinmetall-Aktie nach.

Rheinmetall in Russland

Zu den Rheinmetall-Episoden, die man heute am liebsten verschweigen würde, gehört das Engagement in Russland, das dem Düsseldorfer Konzern inzwischen den Vorwurf einbringt, an den russischen Kriegsvorbereitungen gegen die Ukraine kräftig verdient zu haben.

Im Jahr 2011 erhielt Rheinmetall zusammen mit seinem russischen Partner JSCo Oboronservis einen Großauftrag im Wert von 100 Millionen Euro für den Bau eines Gefechtsübungszentrums für die russische Armee in Mulino, 300 Kilometer östlich von Moskau. Bis zu 30.000 russische Soldaten pro Jahr sollen dort unter anderem den Häuserkampf üben.

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Der Auftrag aus Moskau, der Rheinmetall später den Vorwurf der Schmiergeldzahlungen eintrug, war damals von besonderer strategischer Bedeutung, denn mit ihm schien erstmals in größerem Umfang der Einstieg in den russischen Markt zu gelingen.

Man mag es heute kaum glauben, aber damals setzte sich die Bundesregierung in Moskau für das Exportgeschäft ein. Auch die Bundeswehr bemühte sich um eine Partnerschaft mit der russischen Armee.

Doch nach der Annexion der Krim 2014 verhängte die EU erste Sanktionen gegen Russland. Rheinmetall musste daraufhin die Lieferungen an Mulino einstellen. Offiziell übernahm daraufhin die russische Firma Garnizon den Bau des Zentrums.

Bis 2019 soll die Rheinmetall Defence Electronics GmbH noch Einzelteile für den Aufbau eines Modellierungs- und Simulationssystems an Garnizon geliefert haben, die für die Fertigstellung des Zentrums notwendig sind.

Das Trainingszentrum wurde dann 2020 fertiggestellt. Im Herbst 2021, wenige Monate vor dem Einmarsch in die Ukraine, soll die russische Armee im selben Trainingszentrum umfangreiche Übungen durchgeführt haben.

Auch die Rheinmetall-Tochter MS Motorservice lieferte bis Juni 2022Motorenteile nach Russland.

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