Wie Zentralasien zum Drehkreuz zwischen Asien und Europa wird

Seite 2: Kritik an Moskau, Hilfe für Ukraine

Immerhin versagte Kasachstans Präsident Toqajew die Anerkennung der selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk und forderte ein Ende der Gewalt und eine Verhandlungslösung. Auch haben sein Land und Usbekistan der Ukraine Hunderte von Tonnen humanitärer Hilfe zukommen lassen.

Doch zum 21. Gipfel der "Shanghai Cooperation Organization" (SCO) im September 2022 im usbekischen Samarkand wurde Russlands Präsident Wladimir Putin nicht als geächteter Paria empfangen, sondern als Staatsmann der SCO wie andere auch, darunter Chinas Präsident Xi Jinping.

Als sich China, Russland, Kasachstan, Kirgisistan und Tadschikistan im Jahr 1996 zu den "Shanghai Five" verbündeten, geschah dies vor allem aus geostrategisch militärischen Erwägungen. Entsprechend wurde auch die aus den Shanghai 5 im Jahr 2001 hervorgehende "Shanghai Cooperation Organization" (SCO) lange vereinfacht als eurasische Anti-Nato verstanden.

Heute gehören ihr aber viele asiatische Staaten als Mitglied an oder sind in irgendeiner Art mit ihr assoziiert, so dass sie vier von zehn Erdenbürgern in der ein oder anderen Form repräsentiert und ein knappes Drittel der globalen Wirtschaftsleistung.

Insbesondere für die zentralasiatischen Staaten ist die SCO ein wesentliches Forum zur geopolitischen Profilierung und Instrument zur wirtschaftlichen Entwicklung. Dass Wladimir Putin die Deklaration des 21. SCO-Gipfels unterzeichnet hat, entbehrt nicht der Ironie, denn in ihr heißt es:

Die Mitgliedstaaten werden die Beteiligung der SCO an den Bemühungen zur Gewährleistung von Frieden und Sicherheit weiter ausbauen und sich für die Beilegung internationaler und regionaler Konflikte mit ausschließlich friedlichen politischen und diplomatischen Mitteln einsetzen, um die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten zu stärken, damit die Freundschaft ihrer Völker von Generation zu Generation weitergegeben wird.

Deklarationen großer Gipfeltreffen sind ja aber nicht selten Schall und Rauch, bar jeglicher Realität.

Dilyor Khakimov. Bild: Frank Stier

"Wir haben bei unserem Vorsitz beim SCO-Gipel in Samarkand den Ausbau zwischenstaatlicher Verbindungen für Transport, Energie und Kommunikation in den Fokus gestellt. Sie sind wesentlich für den Erfolg regionaler Kooperation", sagt Dilyor Khakimov, Usbekistans Botschafter für die Benelux-Länder und Missionsleiter bei EU und Nato, im persönlichen Gespräch in seiner Residenz in Brüssel.

Usbekistan ist mit rund fünfunddreißig Millionen Bürgern und Bürgerinnen Zentralasiens bevölkerungsreichstes Land. Geografisch wird es von den anderen vier "Stans" umschlossen, ohne Zugang zum Meer.

Seitdem Präsident Shavkat Mirziyoyev im Jahr 2016 dem gestorbenen Autokraten Islom Karimov im Amt nachgefolgt ist, erfährt das Land eine gesellschaftliche Öffnung und wirtschaftliche Modernisierung. "Vor sechs Jahren waren unsere Grenzen zu einigen unserer Nachbarn noch geschlossen und es gab so gut keinen bilateralen Handel", sagt Botschafter Khakimov, "wir suchten unsere Wirtschaftspartner außerhalb der Region und es gab kaum zuverlässige Kommunikations- und Verkehrsverbindungen und wenig Austausch zwischen den Menschen".

Heute sei die Situation eine völlig andere. "Wir haben alle Grenzen geöffnet und die Frequenz von Land- und Flugverkehr erhöht. Unser Handelsvolumen mit unseren Nachbarn hat sich verzigfacht".