Wie der neue Kalte Krieg den Journalismus zerstört

Seite 5: Und jetzt das Wetter .. Heute: Die Kosten der Untätigkeit. Von Wolfgang Pomrehn

Im Vorfeld der zurückliegenden Bundestagswahlen habe öffentliche und private Sender zahlreiche Talkrunden mit den führenden Kandidatinnen und Kandidaten veranstaltet. Klimaschutz stand dabei selten im Vordergrund. Eher war es ein Thema unter vielen, manchmal kam es auch gar nicht zur Sprache.

Das ist schon erstaunlich angesichts der tödlichen Hochwasserkatastrophe, die im Juli das Rheinland und benachbarte Regionen in Belgien und den Niederlanden heimsuchte. Oder angesichts der Bilder von zahlreichen Waldbränden rund um das Mittelmeer, die im Sommer über die Fernsehbildschirme flimmerten.

Wenn die Moderatorinnen und Moderatoren die Fragen dann schließlich doch einmal auf die fortschreitende und langsam dramatische Züge annehmende Klimaveränderung lenkten, dann ging es meist – in einigen Fällen auch ausschließlich – um die Kosten.

Nicht etwa die Kosten des Nichttuns, also die Kosten, die zum Beispiel im Ahrtal und angrenzenden Rheinland entstanden sind, waren gemeint. Die Bundesregierung geht bisher von 30 Milliarden Euro aus, ist sich aber nicht sicher, ob es nicht am Ende auch noch mehr sind. Nein, gemeint waren ausschließlich die Kosten des Klimaschutzes.

Dabei könnte, wer es nicht am praktischen Beispiel lernen will, auch bei Fachleuten nachfragen. Bereits 2006 hatte der einstige Chef-Ökonom der Weltbank, Nicholas Stern, in einem im Auftrag der britischen Regierung verfassten Bericht auf die schwerwiegenden ökonomischen Konsequenzen des Klimawandels hingewiesen.

Dieser Tage gab er dem Handelsblatt ein Interview, in dem er davor warnt, die nach der großen Krise nach 2008 gemachten Fehler zu wiederholen, wenn es um die Überwindung der Corona-Krise gehe.

Schon damals hätten die Investitionen in neue Technologien gelenkt werden müssen, die Treibhausgasemissionen vermeiden.

Wegen wachsender Staatsschulden macht er sich keine Sorgen. Für den Klimaschutz müsse es vielmehr mehr Spielraum bei der Kreditaufnahme geben: "Man kann die Neuverschuldung zurückfahren, wenn die Technologien und Disruptionen im Kampf gegen den Klimawandel in der Breite angekommen und die Herausforderungen bewältigt sind", zitiert ihn das Handelsblatt.

Man darf gespannt sein, was auf diesem Feld bei den anlaufenden Koalitionsverhandlungen herauskommen wird. FDP und Grüne sind große Fans der sogenannten Schuldenbremse, der in Landesverfassungen und Grundgesetz festgelegten Obergrenzen der Kreditaufnahme.

Die Alternative wäre eine stärkere Besteuerung hoher Einkommen, wie von vor allem von der Linkspartei gefordert, doch da müssten die Liberalen und auch ein Teil der Grünen schon einen regelrechten Salto über ihren eigenen Schatten machen. Derlei ist bei den gegebenen Mehrheiten im Bundestag vermutlich ähnlich wahrscheinlich wie ein allgemeines Tempolimit auf den Autobahnen.