Wie dick ist Europas Eis?

US-Wissenschaftlerinnen legen neue Schätzung vor

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Der Jupitermond Europa findet bei den Astronomen besonderes Interesse. Seine Oberfläche ist vollständig von Eis bedeckt, unter dem flüssiges Wasser vermutet wird. Damit wiederum wäre eine wichtige Bedingung für die Entstehung von Leben erfüllt. Eine offene Frage, die auch für zukünftige Raumsondenmissionen wichtige Konsequenzen hätte, ist die nach der Dicke der Eishülle. Amerikanische Wissenschaftlerinnen haben jetzt eine fundierte Schätzung vorgenommen.

Eis auf Europa

Während die Hinweise auf flüssiges Wasser unter der Eisoberfläche aus thermischen Analysen, der Beobachtung geologischer Muster und Messungen des Magnetfelds von Europa stammen, haben Untersuchungen des Schwerefelds mit Hilfe der Jupitersonde Galileo ergeben, dass die Schicht aus Wasser und Eis insgesamt 80 bis 170 Kilometer dick sein muss. Wie viel davon auf Eis und wie viel auf Wasser entfallen, ist bislang sehr kontrovers. Die Schätzungen für die Dicke der Eisdecke reichen von ein oder zwei bis zu zwanzig und mehr Kilometern. Da bereits darüber diskutiert wird, Raumsonden zu Europa zu entsenden, die das Eis durchdringen sollen, ist größere Genauigkeit dringend erforderlich.

Elizabeth P. Turtle und Elisabetta Pierazzo vom Lunar and Planetary Laboratory an der University of Arizona, Tucson, sind jetzt aufgrund von Computersimulationen zu dem Schluss gekommen, dass Europas Eisdecke mindestens drei bis vier Kilometer dick sein muss. Die Ergebnisse ihrer Forschungen stellen die Forscherinnen in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Science vor.

Ausgangspunkt ihrer Überlegungen ist die Beobachtung von Einschlagkratern auf Europa, die zentrale Erhebungen aufweisen. Solche Zentralgipfel bestehen in der Regel aus Material, das bei der Kraterentstehung aus tieferen Schichten nach oben getrieben wird. Voraussetzung für die Entstehung solcher Strukturen auf Europa ist daher, dass die Eisschicht von den einschlagenden Objekten nicht durchschlagen wurde.

Turtle und Pierazzo führten nun verschiedene Simulationsrechnungen durch, wobei sie sowohl die Geschwindigkeit und Dichte der einschlagenden Objekte als auch die Schichtung der Eisdecke variierten. Größere Brocken ließen das Eis bis in eine Tiefe von zwei Kilometern verdampfen und bis über vier Kilometer tief teilweise oder vollständig schmelzen. Die Wissenschaftlerinnen schließen darauf, dass Europas Eisdecke mindestens drei bis vier Kilometer dick ist. Vorsichtig, wie Wissenschaftler nun einmal sind, schränken sie ihr Ergebnis allerdings ein auf "die Zeitpunkte und Orte der Entstehung komplexer Krater". Sie verweisen auf den Krater Mannanán, der trotz eines relativ großen Durchmessers keine Zentralerhebung aufweist. Das könne auf lokale Variationen in der Dicke und Schichtung der Eisdecke hinweisen.