Wie europäische Rüstungskonzerne mit der EU-Erweiterung Kasse machen

Seite 2: Zusatzfeatures: Drohnen, Satelliten, Patrouillenschiffe

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EADS hat auf der Webseite seiner Tochter Cassidian ein HowTo für Grenzüberwachungssysteme veröffentlicht, das sich am Verkauf an Rumänien orientiert. Regierungen werden aufgefordert, zunächst Bedürfnisse zu definieren, um dann ein maßgeschneidertes System zu kreieren. "Spezielle Fähigkeiten" können hinzugekauft werden, etwa die Überwachung mit Drohnen oder Hubschraubern.

EADS bietet auch Kontrollzentren, Funksysteme oder die Einbindung von Satellitenaufklärung an. Dadurch vermarktet der Konzern seine ursprünglich mit EU-Mitteln aufgebauten Fähigkeiten zur Spionage aus dem All. 2008 konnte EADS den bislang größten Auftrag der Branche abwickeln: Für geschätzte 2 Milliarden errichtet der Konzern in Saudi-Arabien eine hochmoderne Überwachungsplattform, die auch deutsche Drohnen einbindet (Deutsches Militär unterstützt hochgerüsteten Grenzschutz in Saudi-Arabien). Auch hierfür beschaffte Patrouillenschiffe kommen aus Deutschland, die Rede ist von Investitionen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro.

EADS rät, schon zu Beginn die Kooperation mit benachbarten Ländern zu suchen - denn so könnten Kosten gesenkt werden. Auf diese Weise ließe sich laut EADS der beste Anbieter finden, der dann mit Subauftragnehmern verhandeln kann. Bulgarien grenzt unter anderem an Rumänien, das bereits einige Jahre zuvor mit dem Aufbau eines Überwachungssystems für See- und Landgrenzen begann. Vermutlich kam EADS mit dem dortigen Auftragnehmer ATLAS gut zurecht: Kurz vor Fertigstellung gab EADS die Fusion bekannt, beide Firmen treten seit 2011 als Signalis auf.

Der neu entstandene Überwachungscluster ist anscheinend beliebt: Signalis stattete die 6.000 Kilometer lange Küste Frankreichs sowie die 2.300 Kilometer lange Küste Deutschlands mit entsprechenden Systemen aus. Zu den weiteren Kunden gehören neben Spanien auch die neuen EU-Mitglieder Lettland und Litauen, aber auch China, Südkorea, Malaysia und Indien.

Bild: SEABILA.eu

Zahlreiche deutsche Konzerne von der EU unterstützt

Viele weitere deutsche Institute und Konzerne verdienen gut an der Aufrüstung der Grenzüberwachung. Eine ganze Reihe von Anwendungen kommt eigentlich aus dem militärischen Bereich. In den EU-Forschungsprogrammen PERSEUS, SEABILLA oder G-MOSAIC wird die Einbindung von Drohnen in die Migrationsabwehr untersucht. Bereits vor zehn Jahren hatte die EU ähnliche Vorhaben gefördert.

Weitere Programme bestehen zur besseren Nutzung von Satellitenaufklärung, die in das neue EU-Grenzüberwachungssystem EUROSUR integriert werden sollen (Festung Europa jetzt mit Bewegungsmelder). Immer mit dabei ist EADS mit den Tochterfirmen Cassidian und Astrium, aber auch den kommerziellen Vermarktern seiner Bilder von Radarsatelliten Spot Image und Infoterra. Kurz gesagt verdient der Konzern also an jeder Risikoanalyse der EU-Grenzagentur FRONTEX, die auf Satelliten basiert.

Auch die deutschen Firmen European Space Imaging und GAF AG liefern entsprechende Daten.

Zu den gern gesehenen Partnern für neue Überwachungssysteme gehören aber auch die Rüstungskonzerne Lürssen, der Rüstungsdienstleister IABG oder Thales Deutschland.

Die am Bodensee ansässige Firma Diehl Defence forscht ebenfalls in EU-Projekten und ist der deutsche Contractor für die eigentlich in Österreich gefertigte Helikopter-Drohne "Camcopter", die für zivile Anwendungen gelobt wird. Auch Rheinmetall Defence forscht im Auftrag der EU. Die Firma aus Bremen stellt optische Erkennungssysteme her, die neben der Umweltbeobachtung auch für die Grenzüberwachung geeignet sind. Optische Systeme werden häufig auch von Carl Zeiss Optronics beigesteuert. Die mittlerweile zu EADS gehörende Firma hatte hierzu beispielsweise die Federführung eines Projekts zur maritimen Überwachung übernommen.

Das Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik entwickelt ein Radar für bewegte Ziele, das auch für den Grenzschutz beworben wird. Das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung ist mit ähnlichen Forschungen befasst.

Die EU-Außengrenzen werden in beispielloser Weise zur Migrationsabwehr hochgerüstet. Deutsche Firmen verdienen daran prächtig. Zwischenfälle wie das qualvolle Ertrinken von Hunderten Migranten vor der italienischen Küste werden von den EU-Innenministern zur Einleitung neuer Maßnahmen genutzt. Vom zivil-militärischen Auswärtigen Dienst kam sogar der Vorschlag, zukünftig militärische Technologie der Mitgliedstaaten der EU bzw. der NATO zu nutzen (Festung Europa: EU will Migration im Mittelmeer mit Kriegsschiffen eindämmen).

Die EU-Grenzpolitik wird aber nur zu weiteren Toten führen, denn die von Geflüchteten gewählten Routen werden zusehends riskanter. Das hat auch die Grenzagentur FRONTEX erkannt, die nun prognostiziert, dass mehr Migranten den Landweg über die spanischen Exklaven Ceuta und Melilla wählen. Diese sind immer noch mit einem Klingendraht gesichert, der vielfach tödliche Verletzungen verursachte. Wieder führt die Spur nach Deutschland: Der Hersteller "European Security Fence" unterhält eine Niederlassung in Berlin, nur unweit des Büros der EU-Kommission am Pariser Platz.