Wie im Kalten Krieg: Trump, die Geheimdienste, Medien, Fake News

Donald Trump bei seiner Pressekonferenz. Screenshot von dem YouTube-Video

Die Machenschaften vor dem Amtsantritt von Donald Trump lassen Schlimmeres für den Zustand der amerikanischen Demokratie im postfaktischen Zeitalter befürchten

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Die Phase der Amtsübergabe von Obama zu Trump als neuer US-Präsident kann mit den letzten Veröffentlichungen kaum mehr überboten werden. Präsentiert wurde Barack Obama und Donald Trump nach Medienberichten eine zweiseitige Zusammenfassung eines Dossiers mit angeblich von Russland stammenden Informationen über Trump. Gesammelt wurden sie von einem britischen Ex-Geheimdienstmitarbeiter im Auftrag einer US-Firma für Trumps Gegner in den Reihen der Republikaner und Demokraten, belegt sind sie nicht (vgl. Trump, die Russen und "goldene Duschen").

Die vier Geheimdienstchefs James Clapper (DNI), James Comey (FBI), John Brennan (CIA) und Mike Rogers (NSA) hätten die Inhalte so "explosiv" befunden, dass sie diese Obama, Trump und Kongressabgeordneten mitteilen wollten, bevor sie in die Öffentlichkeit kommen. Auch in dieser Hinsicht hat man Eindruck, wieder in die Welt des Kalten Kriegs zurückgekehrt zu sein.

Das geschah natürlich prompt, BuzzFeed veröffentlichte das gesamte Dossier, dessen Inhalte allerdings schon seit Monaten zirkulieren, im Oktober hatte Mother Jones bereits darüber berichtet. BuzzFeed sagte gleichzeitig, dass einige Informationen falsch seien und keine der Behauptungen verifiziert werden konnten. Trump bezeichnete sie auf seiner Pressekonferenz gestern unumwunden als Fake News von "kranken Menschen", Putins Sprecher als Schund (Pulp Fiction), man habe kein "Kompromat" und kein Dossier von Trump angelegt. Man müsse darauf mit einem gewissen Humor reagieren. Trump hingegen drohte BuzzFeed, dass das Webportal die Folgen zu tragen habe. Über die Leaks der Emails von Clinton war er eher amüsiert und nutzte sie als Wahlkampfhilfe.

Trump stritt nicht nur alles ab, er kritisierte vor allem, dass die "Fake News" an die Öffentlichkeit kamen und nannte dies eine "Hexenjagd". Auf Twitter hatte er schon von einem Nazi-Staat gesprochen, wenn Geheimdienste "Fake News" leaken. Die Behauptungen zirkulierten allerdings schon zuvor, wurden aber nicht von Medien veröffentlicht, wofür Trump auf der Pressekonferenz sogar die New York Times lobte, aber vielleicht bezog er sich auch darauf, dass die Geheimdienstchefs eine Zusammenfassung vorgelegt hatten, wodurch das Thema wieder hochgespült wurde. Und dies kurz vor seiner ersten Presskonferenz. Trump geht wohl von einer Verschwörung aus, wenn er in einem Tweet schrieb: "Ich habe eine Wahl leicht gewonnen, eine große 'Bewegung' ist beglaubigt und verdorbene Gegner versuchen, unseren Sieg mit FAKE NEWS lächerlich zu machen. Ein trauriger Staat!"

Auf der Pressekonferenz bezichtigte Trump indirekt die Geheimdienste, dass in deren Kreisen ein Informant sein müsse, die Geheiminformationen durchstechen: "I think it was disgraceful, disgraceful that the intelligence agencies let any information that turned out to be so false and fake to get out." Dass sie überhaupt eine Zusammenfassung der unbelegten Behauptungen vorlegten, wodurch sie demonstrierten, dass diese Gewicht haben, lässt den Verdacht aufkommen, dass dies vielleicht darauf angelegt gewesen sein könnte, den Weg in die Öffentlichkeit zu finden. Hinweise darauf könnten etwa die Unterstützung des Ex-CIA-Chefs Michael Morrell für Clinton in einem in der New York Times im August 2016 erschienenen Beitrag oder Äußerungen des ehemaligen CIA- und NSA-Chefs Michael Hayden liefern. Letzterer hatte Anfang November Trump als "Russlands nützlichen Deppen" bezeichnet.

Die Geheimdienste hätten auch den britischen Ex-Geheimdienstmitarbeiter als vertrauenswürdig eingestuft, so der Sender CNN, der die Story als erster verbreitete. Der britische Ex-Agent des MI6 heißt Christopher Steele, soll längere Zeit in Russland gewesen sein und ist Direktor der Firma Orbis Intelligence, berichtet das Wall Street Journal. Die Zeitung vermutet, dass Super PACs die Firma bezahlt haben könnten, um das Dossier zusammenstellen oder zu erfinden.

Trump soll durch sein unorthodoxes Verhalten erpressbar sein

Nach den veröffentlichten Texten von angeblichen Informanten wäre Trump nicht nur durch russische Beeinflussungen und die Hacks im Wahlkampf unterstützt worden, wie die Geheimdienste bislang sagen, ohne dies wirklich beweisen zu können, sondern er könne auch durch Skandalgeschichten erpressbar sein. So soll der russische Geheimdienst Trump in seinem mit Mikrofonen und Kameras verwanzten Zimmer im Ritz-Carlton-Hotel 2013 belauscht haben, wo er in der Suite, in der zuvor schon Obama gewesen sein soll, Prostituierte eingeladen habe, um dort eine Urinshow abzuziehen. Das klingt sehr an den Haaren herbeigezogen. Überhaupt würde Trumps "unorthodoxes Verhalten" in Russland über Jahre hinweg genügend Material bieten, ihn zu erpressen. Angeblich gebe es Kompromittierendes, das aber in der Hinterhand gehalten werde.

Fünf Jahre lang sei Trump schon von Russland kultiviert worden, woanders heißt es, seit 8 Jahren bestünden Beziehungen. Putin stecke direkt hinter den Aktivitäten, sein Sprecher Peskow habe die Kampagne gegen Clinton und für Trump dirigiert, während Medwedew über das Hacking der DNC-Mails verärgert gewesen sei. Und es gäbe eine Verschwörung zwischen dem Kreml und dem Wahlkampfteam von Trump. So habe es ein konspiratives Treffen in Prag mit Michael Cohen, dem Anwalt von Trump gegeben. Trump erklärte, er habe sich dessen Pass zeigen lassen, er sei in den USA gewesen. Auch Carter Page, der außenpolitische Berater Trumps, sei bei Geheimtreffen in Moskau gewesen, gleichermaßen der schon während des Wahlkampfs ausgestiegene Manafort.

Neu aufgekochte Wahlkampf-Kampagne, aber Trump bleibt bei seiner eher prorussischen Haltung

Neu ist das alles eigentlich nicht. Das hatte bereits CNN berichtet und darauf verwiesen, dass dies schon letztes Jahr Kongressabgeordneten mitgeteilt worden sei. Demokratische Abgeordnete wollten das FBI beeinflussen, die angeblichen Verbindungen zwischen dem Kreml und Trumps Wahlkampfteam zu untersuchen und einen Bericht vorzulegen. Angeblich hatte das FBI ohne Erfolg versucht, Behauptungen zu bestätigen. FBI-Chef Comey wollte nicht einmal sagen, ob man den Behauptungen nachgegangen ist.

Donald Trump bei seiner Pressekonferenz. Screenshot von dem YouTube-Video

Demokraten witterten weiter eine Möglichkeit, Trump zu beschädigen, wie die New York Times berichtet. Noch am Dienstagabend wurde gefordert, die in den Dossier behaupteten Beziehungen zwischen Kreml und Trumps Team nachzuprüfen. Auch der republikanische Senator und Vorsitzender des Streitkräfteausschusses John McCain, ein erklärter Gegner Trumps, soll dem FBI-Direktor im Dezember bereits das Dossier übergeben haben

Mittlerweile wurde behauptet, die Inhalte des Dossiers würden von 4Chan stammen, aber das kann auch nur ein Gag sein. Auf BuzzFeed glaubt man, rechte Alt-Right-Trolls würden dahinterstehen.

Seltsam ist die Story jedenfalls, in die die großen Geheimdienste und Abgeordnete verwickelt sind. Groß wird in manchen Medien herausgestrichen, dass Trump auf der Pressekonferenz erstmals erklärt habe, dass die Russen hinter den Hacks vor der Wahl gewesen seien. Er sagte allerdings nur kurz: "Ich glaube, es waren die Russen", um dann zu erklären, dass alle die USA hacken würden, Russen, Chinesen und andere. Es könnten also auch andere gewesen sein, relativierte er seine erste Reaktion. Der Email-Server des DNC sei "völlig offen" gewesen, anders als der der Republikaner. Eine wirkliche Kehrtwende ist da nicht zu entdecken, er kündigte aber an, dass er nach 90 Tagen im Amt einen Bericht vorlegen werde, wie man die USA besser gegen Hacker verteidigen könne.

Während Trump sprach, zunächst über seine angeblichen Erfolge in der Wirtschaft und darüber, dass er es gewissermaßen mit links schaffen würde, das Präsidentenamt und sein Unternehmen zu führen, dies aber nicht will, dirigierte er die Frager selbst. Thema sollte wohl sein, dass er sein Unternehmen in die Hände seiner Söhne gibt, was aber Vetternwirtschaft bleibt. Niemand wird glauben, dass er nicht über seine Söhne sein Unternehmen weiter steuern wird.

Eine Frage von einem CNN-Reporter ließ er nicht zu. Sauer und aggressiv schimpfte er: "You are fake news." BBC ließ er mit der Bemerkung zu: "Another beauty." Er kritisierte die Medien, die mit dem Dossier eine Hexenjagd auf ihn veranstalten und erklärt, er könne ja "zurücksprechen", andere Menschen könnten von so einer Kampagne zerstört werden.

Was Russland betrifft, so sagte er, er habe dort keine Geschäfte laufen und nur geringe Kredite, die nicht der Rede wert seien. Überdies sei es nur gut, wenn Putin ihn schätze, das sei ein Pfund und keine Abhängigkeit. Er versprach, dass Russland den USA unter seiner Präsidentschaft mit größerem Respekt begegnen werde als während Obamas Präsidentschaft. Es gebe keinen "Reset-Knopf", man werde sehen, wie man miteinander auskomme, es gebe aber die Möglichkeit für bessere Beziehungen. Offenbar wurde auch, dass Trump mit Russland auf Aussöhnung zielt, während er den Konflikt mit China verschärfen dürfte, das die USA einseitig ausbeute.