Wieviel Klimaschutz wird es geben?

Seite 2: Widerstand und Vorwände

Nur ein paar Dutzend Kilometer weiter nördlich von Erftstadt treibt RWE den Braunkohletagebau Garzweiler 2 voran. Dort ist das winzige Dörfchen Lützerath akut bedroht. Bereits im vergangenen Winter wurden einige Häuser abgerissen.

Derzeit gibt es dort jeden Sonntag Dorfspaziergänge mit mehreren Hundert Teilnehmern. Am vergangenen Sonntag waren es 700, schreibt die Initiative "Alle Dörfer bleiben" auf Twitter. Seit Beginn der Woche haben jugendliche Unterstützer einen Teil der Dorffläche besetzt.

Derweil geht der Rechtsstreit um die Räumung des Hambacher Forst am Rande des benachbarten, ebenfalls von RWE betriebenen Tagebau, weiter. Wie berichtet, hatte Anfang September 2021 das Verwaltungsgericht Köln geurteilt, dass der drei Jahre zuvor erfolgte Polizeieinsatz zur Räumung der Baumhäuser am Tagebau Hambach, nicht rechtens war.

Nun hat die Stadt Kerpen Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt. Sie war seinerzeit von der nordrhein-westfälischen Landesregierung angewiesen worden, die Räumung unter dem Vorwand des Brandschutzes zu betreiben. Seinerzeit hatte es bei der Stadt erhebliche juristische Bedenken gegen die Räumung und ihre Begründung gegeben.

Daran erinnerte die Linksfraktion im Stadtrat nach Darstellung der Wochenzeitung Die Zeit. Mit einem Antrag wollten ihre Vertreterinnen und Vertreter die Berufung noch verhindern. Allerdings wurde dieser mit knapper Mehrheit abgelehnt, weil die AfD mit der CDU dagegen stimmte.

Schwamm-Städte und Energie-Inseln

Ansonsten wäre noch von einem Erfolg für polnische Braunkohlegegner zu berichten. Wie die in Wien erscheinende Zeitung Der Standard berichtet, hat nach erheblichen Widerstand in den betroffenen Dörfern die Warschauer Umweltbehörde die Genehmigung für den geplanten Tagebau Złoczew in der Nähe des zentralpolnischen Łódź aufgehoben.

Des Weiteren hat die Internationalen Energieagentur IEA ihren diesjährigen World Energy Outlook vorgelegt. Auch unter den Bedingungen der Pandemie seien die erneuerbaren Energieträger in aller Welt rasch weiter ausgebaut worden. Allerdings gebe es noch immer starke Beharrungskräfte des Status quo. Nach der wirtschaftlichen Erholung vom Lockdown seien die CO2-Emissionen wieder deutlich angestiegen.

Dann wäre da noch ein interessanter Bericht im Magazin Fortune über Chinas sogenannte Schwamm-Städte. Dabei geht es um ein bemerkenswertes Programm, die Metropolen des Landes der Mitte auf zunehmende Hochwasser vorzubereiten.

Erst kürzlich wurde die Kohleprovinz Shanxi von heftigen Niederschlägen und nachfolgenden Überschwemmungen heimgesucht. Wie berichtet, mussten daraufhin zahlreiche Kohlegruben geschlossen werden.

In der zweiten Julihälfte hatte es die Millionenstadt Zhengzhou getroffen. Extreme Niederschläge hatten zu über 300 Opfern und einem ökonomischen Schaden von umgerechnet Milliarden Euro geführt.

Dabei waren in der Stadt bereits in etwa 70 Millionen Euro für Hochwasserschutz ausgegeben worden, schreibt Fortune. 2014 hatte die Zentralregierung ein entsprechendes Programm gestartet und seitdem landesweit 12 Milliarden Euro verteilt, um Flächen zu entsiegeln, die Drainage zu verbessern und Rückhalteräume für das Wasser zu schaffen.

In Zhengzhou war man offensichtlich noch nicht fertig, hat aber offensichtlich auch nicht mit derart gewaltigen Wassermengen geplant. Zhengzhou liegt in einer eher trockenen Region. 600 Millimeter (600 Liter pro Quadratmeter) fallen hier gewöhnlich im Jahr. Doch am 20. Juli waren es allein an einem Tag 670 Millimeter und gut 200 Millimeter binnen einer Stunde.

In der Zeitschrift Scientist meint Hu Caihong, Hydrologe an der Universität von Zhengzhou, dass die Stadtentwässerung für ein Ereignis ausgelegt sei, das einmal in 100 Jahren auftrete. Das Juli-Unwetter sei allerdings eines gewesen, wie es nur einmal im Jahrtausend zu erwarten ist.

Und dann sind da noch die sogenannten Energie-Inseln, die verschiedene Firmen in der Nordsee für den Ausbau der Offshore-Windkraft planen. Auch die potenziellen Regierungsparteien in Berlin reden von einer Beschleunigung auf See, was nicht weiter schwer ist, denn die große Koalition hatte diesen zuletzt fast zum Erliegen gebracht.

Jedenfalls nehmen die Insel-Pläne in Dänemark inzwischen konkrete Gestalt an. Das Magazin Recharge News berichtet, dass dort demnächst entsprechende Ausschreibungen starten sollen. Anfang 2023 würden die Ergebnisse bekannt gegeben.

Auch in Belgien sei man fest zu einem ähnlichen Vorhaben entschlossen. Die künstlichen Eiland sollen zum Aufbau von Windparks und deren Wartung genutzt werden. Außerdem könnten sie die Konverter-Stationen beherbergen, die den Strom für die Gleichstrom-Verbindung zum Land umwandeln. So könnten die Landverbindungen gebündelt und die Windparks gegebenenfalls auch mit mehreren Ländern verbunden werden.

Schließlich wäre noch auf den nächsten Aktionstag von Fridays for Future hinzuweisen. Am kommenden Freitag, am 22. Oktober, soll es eine zentrale bundesweite Demonstration in Berlin geben, um Druck auf die Koalitionsverhandlungen auszuüben.

Man trifft sich vor dem Kanzleramt. Die Ergebnisse der Sondierung seien enttäuschend, heißt es in dem Aufruf. Die Programme der großen Parteien seien völlig unzureichend. Die Wahl habe nur zwischen "zu wenig" und "weiter so" bestanden.