WikiLeaks will sich den Besitz an geleakten Informationen sichern

Nach einer nun selbst geleakten Vereinbarung droht WikiLeaks Mitarbeitern hohe Geldstrafen an, wenn diese unautorisiert Dokumente oder Informationen über WikiLeaks weitergeben

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Es ist schon schwierig, wenn man wie WikiLeaks aus der Veröffentlichung von geheimen Dokumenten, Geld verdienen und ein Geschäft machen will und muss. Schließlich kann so eine Enthüllungsplattform sehr teuer kommen. Nicht nur weil Mitarbeiter und Infrastruktur bezahlt werden müssen, wenn man dies professionell betriebt, sondern auch, weil beispielsweise juristische Probleme große Summen wegfressen können, wie gerade das Beispiel des WikiLeaks-Gründer Julian Assange deutlich gemacht hat.

Assange hatte bereits Schwierigkeiten mit den Depeschen vom US-Außenministerium. Er hatte beispielsweise dem Guardian die Datei mit den Depeschen zukommen und sich vertraglich zusichern lassen, wie Marcel Rosenbach und Holger Stark in ihrem Buch "Staatsfeinde Wikileaks" berichten, dass diese nicht ohne seine Zustimmung veröffentlicht werden dürfen. Offenbar gab es aber auch schon eine zweite Datei, die ein Mitarbeiter möglicherweise aufgrund der internen Streitereien, die zum Bruch mit Domscheit-Berg und anderen Mitarbeitern führte, einer Journalistin weiter gegeben hatte. Der Guardian hatte ohne Zustimmung von Assange die Depeschen bereits der New York Times weiter gegeben, was Assange auf die Palme brachte, weil er sich über einen gerade veröffentlichten Porträtartikel über ihn ärgerte. Assange sprach im November 2010 von Diebstahl, gegen den er juristisch vorgehen wollte, was natürlich völliger Unsinn war, schließlich waren die Depeschen alle geklaut. Hat man einen Rechtsanspruch auf den Besitz von geklauten Dokumenten, die man von dem Dieb erhalten hat?

Nun scheint, wie die britische Zeitung New Statesman berichtet, Assange die Mitarbeiter von WikiLeaks vertraglich zu knebeln. Es ist eine bis 2020 gültige vertrauliche Vereinbarung, vermutlich aus dem Jahr 2010 geleakt worden, mit der Wikileaks bei einem Bruch, also einer Weitergabe von Dokumenten, mit Strafen bis zu 12 Millionen Pfund droht, ein Wert, der dem "typischen offenen Marktwert" entspreche. Das könnte darauf hindeuten, dass die Vereinbarung zur Sicherung der Depeschen dienen sollte.

Für den New Statesman spricht die Abmachung dafür, dass sich WikiLeaks als Unternehmen sieht und etablieren will, aber das muss man nicht so sehen, schließlich funktioniert auch eine Enthüllungsplattform wie WikiLeaks, die auf koordinierte Aktionen mit Medien setzt, nur dann, wenn Dokumente gezielt veröffentlicht werden.

Interessant sind allerdings schon einige Formulierungen. So seien alle Informationen, die WikiLeaks erhält, "vertraulich" und das Eigentum der Organisation, was auch das Urheberrecht einschließt. Ohne schriftliche Genehmigung dürfen diese nicht weiter gegeben werden, womit mal also das Prinzip der Offenheit und Transparenz auf sich nicht anwenden will, das man sich ansonsten auf die Fahnen schreibt. Und WikiLeaks macht deutlich, dass WikiLeaks nicht für Informationen zur Rechenschaft gezogen werden kann, die der Mitarbeiter erhalten hat. Unklar ist hier, ob es sich hier um Informationen von WikiLeaks oder um solche handelt, die der Mitarbeiter durch seine Mitarbeit erhalten hat.

Unter die Verschwiegenheitspflicht fallen nicht nur geleakte Dokumente, sondern auch alle Informationen über die Organisation, die Personen und die Funktionsweise von WikiLeaks – und das Abkommen selbst, das aber nun geleakt wurde. Begründet wird die Abmachung dadurch, dass ein Bruch einen finanziellen Schaden oder einen Imageverlust bewirken kann, aber auch zu Problemen bei Vereinbarungen mit Medien oder zu rechtlichen Schwierigkeiten führen kann. Ausdrücklich wird erwähnt, dass die Möglichkeit gefährdet sein könnte, die Informationen an Medien zu verkaufen. Von den an der Veröffentlichung der Depeschen beteiligten Medien wurde allerdings abgestritten, dass dabei Geld geflossen sei. Wenn dies stimmt, dann könnte die Abmachung aus der Zeit stammen, als Assange damit konfrontiert wurde, dass ein Mitarbeiter die Dateien weitergegeben hatte und der Guardian dies als Argument nutzte, nicht mehr an die Vereinbarung gebunden zu sein.