Windkraft als Bürgerschreck: Energiewende-Mythen und Realität

Werden Windräder zum Symbol der Spaltung, oder übertreibt hier eine laute Minderheit? Symbolbild: winterseitler / Pixabay Licence

Vorbehalte gegen Windräder sind nicht selten. Aber wie groß ist der Widerstand wirklich – steigt die Akzeptanz durch finanzielle Beteiligung?

Laut einer aktuellen Umfrage lehnt nur eine Minderheit Windkraft ab. Die Stimmung in den Kommunen kann aber recht unterschiedlich sein, sobald es darum geht, konkret Flächen zur Verfügung zu stellen. Wird die lokale Bevölkerung am Anlagenbetrieb oder an den Gewinnen beteiligt, kann dies die Akzeptanz der Windenergie steigern.

Lokaler Widerstand gegen Windräder: Nicht in meinem Hinterhof!

Wird in einer Gemeinde ein neuer Windpark oder auch nur ein paar neue Windenergieanlagen geplant, führt das häufig zu Unmut in der örtlichen Bevölkerung, manchmal wird auch eine Bürgerinitiative gegen das neue Projekt gegründet. Doch ist der Widerstand gegen die Windenergie – vor allem in Sichtweite der eigenen vier Wände – tatsächlich so groß? Die Internetseite "Windwahn" listet 1.131 Initiativen und Verbände in Deutschland auf, die sich gegen Windenergieanlagen aussprechen.

Ähnlich voll sieht es auf einer Karte der Bundesinitiative "Vernunftkraft" aus. Doch dass diese über 1.000 lokal verorteten Initiativen tatsächlich existieren, daran bestehen berechtigte Zweifel, wie eine Untersuchung des Magazins eemag von 2020/21 nahelegt. Gut die Hälfte der damals aufgeführten Initiativen waren Doubletten, als wirklich aktiv wurden darin nur 290 Initiativen eingestuft.

Windkraftgegner: Doch nur eine laute Minderheit?

Auch laut einer jüngsten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts forsa im Auftrag der Fachagentur Windenergie an Land ist es eher eine Minderheit, die sich gegen Windräder ausspricht. Wie das Magazin Energiezukunft berichtet, sehen 81 Prozent der Befragten den Ausbau der Windkraft als "eher wichtig" bis "sehr wichtig" an.

Im ländlichen Raum war die Akzeptanz für neue Anlagen dann höher, wenn bereits Windräder im Umfeld standen. Ob die Erfahrung mit Windenergieanlagen in der Nachbarschaft Bedenken zerstreut oder ob die Anlagen in der Regel dort gebaut werden, wo eine positive Grundhaltung gegenüber der Technik herrscht, lässt sich daraus natürlich nicht ablesen.

Allerdings ist die Ablehnung gegenüber dem Vorjahr leicht gestiegen, sowohl bei denjenigen, die schon Windräder in der Nachbarschaft hatten (um vier Prozent), als auch denjenigen, bei denen dies nicht so war (sieben Prozent). 15 Prozent der Befragten gaben an, auch gegen Windenergieanlagen demonstrieren zu wollen.

Bürgerinitiativen gegen Windräder: Glaubwürdig, oder nicht?

Und gerade bei dieser Gruppe zeigt die Umfrage auch, dass sie für Argumente jenseits des eigenen Meinungsspektrums immer weniger erreichbar sein dürften. 72 Prozent der zum Protest bereiten Windkraftgegner:innen hielten Bürgerinitiativen gegen Windenergie für glaubwürdig, aber nur 47 Prozent vertraute Wissenschaftseinrichtungen.

Noch schlechter bei der Glaubwürdigkeit schnitten in dieser Gruppe Naturschutz- und Umweltverbände, Zeitungen oder Behörden ab. Auch wenn sich hier die Tendenz zeigt, geschlossene Meinungsblasen zu bilden, ist die Gruppe dennoch nur eine Minderheit – was lokale Mehrheiten nicht ausschließt.

Bürgerbeteiligung: Der Schlüssel zur Akzeptanz?

Dass das Engagement von Bürger:innen auch dazu führen kann, dass der Ausbau der Windkraft auf dem eigenen Gemeindegebiet forciert wird, zeigt das Ergebnis eines Bürgerentscheids in Eltville am Rhein. Hier sprach sich eine Mehrheit dafür aus, dass die Stadt kommunale Flächen für die Windkraft zur Verfügung stellen soll.

Eine Bürgergesellschaft mit 150 Mitgliedern hat über die Mitgliedsbeiträge bereits ein Startkapital eingesammelt, um gemeinsam mit der Stadt die ersten Windräder zu bauen und zu betreiben. '

Gemeinsam für Windkraft: Erfolgsmodell Bürgergesellschaften

Die Beteiligung von Bürger:innen an Erneuerbare-Energien-Anlagen ist ein Faktor, der für größere Akzeptanz vor Ort sorgen kann. Sei es, dass Bürgergesellschaften oder -genossenschaften die Projekte umsetzen, sei es, dass die Kommunen finanziell an Gewinnen beteiligt werden.

Laut einer beim Bundesamt für Naturschutz (BfN) im Jahr 2020 veröffentlichten Studie, gibt es fünf Faktoren, die bei der Akzeptanz von lokalen Erneuerbare-Energien-Anlagen eine Rolle spielen: Wirtschaftliche Auswirkungen vor Ort, allgemeine Einstellung zur Energiewende, Vertrauen in die an der Planung Beteiligten, Vermeidung negativer Auswirkungen auf Mensch und Natur sowie die soziale Norm.

Ein Ansatz ist es daher, Kommunen und auch Bürger:innen an Gewinnen aus der Windkraft zu beteiligen. In den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg gelten bereits Beteiligungsregelungen, andere Länder wollen noch welche auf den Weg bringen, wie die ARD-tagesschau berichtete.

Das sagt das Erneuerbare-Energien-Gesetz

Hessen, Sachsen, Bayern und Schleswig-Holstein sind dem Bericht zufolge für eine bundeseinheitliche Regelung. Dabei ist die finanzielle Beteiligung von Kommunen gemäß Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bereits möglich.

Es handelt sich um eine Soll-Vorschrift, das heißt im Regelfall sollte dies geschehen, es ist aber nicht verpflichtend. Betreiber von Windenergieanlagen an Land sowie von PV-Freiflächenanlagen sollen also gemäß § 6 EEG betroffene Kommunen mit 0,2 Cent pro Kilowattstunde an den Erträgen der Anlagen beteiligen.

Eine bundeseinheitliche verpflichtende Beteiligung steht bislang nicht im EEG, weil sie in einem vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebenem Rechtsgutachten für "verfassungsrechtlich nicht möglich" beschrieben wurde

Exponierte Windvorranglagen: Erstaunliches Votum in Eltville

Ob Geld für die Gemeindekasse Anwohner:innen überzeugen kann, dürfte dann auch wieder von mehreren Faktoren abhängen. Etwa, ob die finanziellen Vorteile befürchtete wirtschaftliche Nachteile aufwiegen, etwa Auswirkungen auf den Tourismus oder den Wertverlust von Immobilien.

Auch im Hinblick auf solche Ängste ist das Votum der Eltviller erstaunlich, denn die ausgewiesenen Windvorranglagen befinden sich exponiert und gut sichtbar. Noch dazu handelt es sich um Waldflächen, die jedoch durch die Dürrejahre seit 2018 stark beeinträchtigt sind, wie die Hessenschau berichtet. Dabei ist die Windkraft im Wald ein besonderes Streitthema, bei dem sich nicht einmal die Umwelt- und Naturschutzverbände einig sind.

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