"Wir in Deutschland sind in einer glücklichen Lage"

Seite 3: "Für mich haben die Verschwörungstheorien keine solide wissenschaftliche Grundlage"

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Wo werden wir denn aber mit Covid-19 in einem Jahr stehen? Kann es noch schlimmer werden und außer Kontrolle geraten?

Gregor Zimmermann: Leider bin ich nur Arzt und kann nicht die Zukunft voraussagen. Wenn ich aber eine Wunschvorstellung äußern dürfte, dann würde ich mir einen wirksamen und gut verträglichen Impfstoff wünschen, der in ausreichender Zahl zu einem fairen Preis vorhanden ist und einen langanhaltenden Impfschutz bietet. Dann sind die Chance gut, dass das nächste Jahr gut wird.

Das Motto Ihres Klinikums lautet: "WissenSchafftHeilung" ... Wenn Sie von den Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen hören, was denken Sie als Mann vom Fach? Ist das nicht zynisch dort gegenüber den Opfern, die Krankheit zu leugnen?

Gregor Zimmermann: Zynismus hat in meinem Beruf nur wenig Platz. Daher mache ich mir darüber auch nur wenig Gedanken. Demokratie ist ein wichtiges Grundrecht, man darf auch eine andere Meinung haben. Wichtig ist für mich aber nicht der Anteil der Demonstranten gegen Corona-Maßnahmen, sondern vielmehr der Anteil an Personen, die alles entsprechend den Empfehlungen machen und jeden Tag ihr Bestes geben, dass das gut ausgeht. Diese Personen sind ja definitiv die große Mehrheit, über sie wird leider zu wenig berichtet.

Verschwörungstheoretiker von links bis rechts glauben ja, das Virus sei wahlweise von Bill Gates, den Chinesen, den Juden oder den Flüchtlingen oder der CIA in die Welt gebracht worden ... Vom Nazi-Hintergrund vieler dieser Leute mal abgesehen, wäre das denn medizinisch überhaupt möglich?

Gregor Zimmermann: Medizinisch ist sicher viel möglich. Aber bisher gibt es dafür keinerlei soliden Hinweis darauf. Dass das Virus in der Form bisher nicht bekannt war, heißt ja nicht, dass so etwas nicht irgendwann mal vorkommen kann. Schließlich gab es mit SARS und MERS ja bereits Vorläufer aus der Gruppe der Coronaviren, die aber frühzeitig eindämmt werden konnten. Für mich haben die Verschwörungstheorien keine solide wissenschaftliche Grundlage.

Der Lungen-Facharzt Dr. med. Gregor Spyros Zimmermann ist seit 2017 als Oberarzt der Leiter der Pneumologie am weltweit renommierten Klinikum rechts der Isar in München (MRI), das zur Technischen Universität München (TUM) gehört. Der Schwerpunkt Pneumologie ist in die Klinik und Poliklinik für Innere Medizin unter dem Direktor Prof. Dr. med. Karl-Ludwig Laugwitz integriert. Dr. med. Zimmermann ist ausgebildeter Facharzt für Innere Medizin und Pneumologie mit den Zusatzqualifikationen Allergologie und Intensivmedizin. Er veröffentlicht mit seinem Team regelmäßig internationale Fach-Aufsätze. Der klinische Forschungsschwerpunkt der Arbeitsgruppe ist die Diagnostik und Therapie von Lungenerkrankungen, so unter anderem die Risiko- und Prognoseabschätzung bei Patienten mit COPD.

Das Universitätsklinikum MRI, gegründet 1834 als Haidhauser Armen- und Krankenanstalt in einem ehemaligen Kaffeehaus, gehört mit rund 6000 Mitarbeitern, 1200 Betten, fast 300.000 ambulanten und stationären Patienten jährlich und 50 verschiedenen Abteilungen heute zu den größten Kliniken weltweit und hat starken Zulauf auch von Patienten etwa aus den Golfstaaten, es kooperiert mit dem Helmholtz-Zentrum, dem Deutschen Herzzentrum und dem Max-Planck-Institut.