Wirtschaftliche Stagnation: Bundesregierung kassiert wohl Wachstumsprognose
Hiobsbotschaft für deutsche Wirtschaft: Regierung senkt laut Bericht ihre Wachstumsprognose auf null. Für Kanzler Scholz ein herber Rückschlag vor der Wahl 2025.
Die Bundesregierung will ihre Wachstumsprognose für Europas größte Volkswirtschaft drastisch senken. Insidern zufolge rechnet Berlin in diesem Jahr bestenfalls mit einer Stagnation der Wirtschaft, berichtet der Finanzdienst Bloomberg. Bislang war die Regierung noch von einem mageren Wachstum von 0,3 Prozent ausgegangen.
Verlorenes Jahr für die deutsche Wirtschaft
Ein Nullwachstum wäre ein weiteres verlorenes Jahr für die deutsche Wirtschaft, die seit der russischen Invasion in der Ukraine und der Parteinahme für Kiew mit massiven Problemen zu kämpfen hat. Vor allem die Industrie leidet unter der Unterbrechung der Gaslieferungen aus Russland, der schwachen Nachfrage aus China und den Schwierigkeiten bei der Umstellung auf Elektrofahrzeuge.
Für Bundeskanzler Olaf Scholz ist die Aussicht auf Stagnation ein herber Rückschlag, und die Aussicht auf weitere vier Jahre Kanzlerschaft trübt sich ein. Seit seinem Amtsantritt im Dezember 2021 musste er bereits zwei Quartale ohne Wirtschaftswachstum verkraften. Mit der Bundestagswahl in weniger als einem Jahr wird das Zeitfenster für eine spürbare Erholung vor dem Urnengang immer kleiner.
Unzufriedenheit macht sich bereits bei Wahlen bemerkbar
Die Unzufriedenheit der Wähler hat sich in diesem Jahr bereits bei den Europawahlen und den Landtagswahlen in Ostdeutschland gezeigt. Insidern zufolge könnte die endgültige Schätzung der Regierung für 2024 sogar noch schlechter ausfallen und ins Minus rutschen. Dies hänge von den Daten zu Industrieaufträgen und -produktion ab, die kurz vor der Veröffentlichung der aktualisierten BIP-Prognose am 9. Oktober erwartet werden.
Eine Serie von Hiobsbotschaften verdeutlicht den Gegenwind, dem die Wirtschaft ausgesetzt ist: Von der Drohung von Volkswagen, Werke in Deutschland zu schließen, bis zur Entscheidung von Intel, eine 30-Milliarden-Euro-Investition für eine neue Chipfabrik in Ostdeutschland zu verschieben.
Perfekter Sturm durch schwache China-Nachfrage und drohende Trump-Rückkehr
Zusammen mit der schwachen Nachfrage aus China und dem Risiko einer Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus steuere Deutschland auf einen "perfekten Sturm" zu, der das BIP weiter drücken könnte, zitiert Bloomberg einen Insider.
Schwächere Wachstumsaussichten würden auch die Steuereinnahmen schmälern und es der Regierung Scholz erschweren, die Haushaltslücke im Finanzplan 2025 zu schließen. Sie würden aber auch eine höhere Neuverschuldung von rund zwei Milliarden Euro erlauben. Eine Schuldenregel erlaubt es dem Staat, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten mehr Kredite aufzunehmen.
Stimmung in Ostdeutschland leicht eingetrübt
In Ostdeutschland sind die wirtschaftlichen Probleme deutlich zu spüren. Wie das ifo-Institut mitteilt, hat sich die Stimmung der ostdeutschen Unternehmen im September eingetrübt. Der ifo-Geschäftsklimaindex für die ostdeutsche Wirtschaft sank leicht von 88,6 Punkten im August auf nun 88,2 Punkte.
Die befragten Unternehmen bewerteten ihre aktuelle Geschäftslage deutlich schlechter als im Vormonat. Ihre Erwartungen für die kommenden Monate hoben sie jedoch leicht an.
Vor allem in der Industrie und im Großhandel trübte sich die Lage merklich ein. Im ostdeutschen Baugewerbe und im Dienstleistungssektor hellte sich das Geschäftsklima dagegen etwas auf. Der Einzelhandel meldete eine leicht verbesserte Lage, senkte aber die Erwartungen.