Wutwinter 2022: Erste Vorläufer erreichen Europa

Seite 2: Ukraine: Gesprächskanäle werden gekappt

Während Militärexperten aus naheliegenden Gründen vor einer Fortführung des Krieges in der Ukraine über den Winter hinweg warnen, werden die Chancen auf eine Verhandlungslösung immer geringer.

Darauf weist unter anderem eine Meldung aus der ukrainischen und russischen Presse hin, die von westlichen Redaktionen jedoch kaum beachtet worden ist: Präsident Selenskyj hat Ende vergangener Woche alle Dekrete über die Bildung der Trilateralen Kontaktgruppe (TCG) zur Beilegung der Situation in den Regionen Donezk und Luhansk für nichtig erklärt und die Verhandlungsdelegation aufgelöst.

Nach Darstellung der ukrainischen Seite hatte Russland an den Treffen des Gremiums zuletzt gar nicht mehr teilgenommen. Dennoch reagierte die russische Seite mit harschen Vorwürfen: Selenskyj habe "nicht nur dem Verhandlungsprozess, sondern auch dem nicht vollständig geschlossenen Fenster der Möglichkeiten zur Lösung des Konflikts am Verhandlungstisch effektiv ein Ende gesetzt und den Krieg der Diplomatie vorgezogen", so der für die Verhandlungen zuständige russische Botschafter in Belarus, Boris Gryzlow.

Im Raum steht die Frage, welchen Anteil das eng mit der Seite der USA agierende Großbritannien spielt. Die Zeitschrift Foreign Affairs jedenfalls berichtet, im März bereits seien die Konfliktparteien einer diplomatischen Lösung nahe gewesen:

Russische und ukrainische Unterhändler schienen sich vorläufig auf die Grundzüge einer ausgehandelten Zwischenlösung geeinigt zu haben (…): Russland würde sich auf seine Position vom 23. Februar zurückziehen, als es einen Teil der Donbass-Region und die gesamte Krim kontrollierte, und im Gegenzug würde die Ukraine versprechen, keine Nato-Mitgliedschaft anzustreben und stattdessen Sicherheitsgarantien von einer Reihe von Ländern zu erhalten.

Im Mai dann sei Großbritanniens Party-Premier Boris Johnson "fast ohne Vorwarnung" in Kiew erschienen und habe zwei einfache Botschaften im Gepäck gehabt, so die unabhängige Online-Zeitung Ukrainska Pravda: "Putin sei ein Kriegsverbrecher und müsse unter Druck gesetzt werden, statt mit ihm zu verhandeln. Und die Zweite war, dass, selbst wenn die Ukraine zu einem Abkommen mit Putin bereit sei, Großbritannien diesen Weg nicht mitgehen würde."