Zu hip zum Geldverdienen

Die gute Nachricht zuerst: Wired, die Zeitschrift, verdient zum ersten Mal seit der Gründung vor vier Jahren Geld. Im ersten Quartal 1997 hat das Blatt erstmalig schwarze Zahlen geschrieben; die Novemberausgabe hat rekordverdächtige 174 Seiten Anzeigen, die das Heft auf den Umfang eines Telefonsbuches einer deutschen Kleinstadt anschwellen lassen.

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Nun die schlechte Nachricht: Wired, das Unternehmen, verliert immer noch eine Million Dollar pro Monat. "Man akzeptiert Glück, wenn man es hat genauso wie Pech, wenn man es hat", beschied Louis Rosetto sybellinisch "Businessweek", die in ihrer aktuellen Ausgabe die aktuellen Geschäftszahlen veröffentlich haben.

Im vergangenen Jahr hatten Wired Enterprises fast im Monatsrhythmus neue "Produkte" auf den Markt geworfen: eine Buchreihe mit dem Titel "Hardwired", eine britische Ausgabe des Magazins, neue Netzangebote wie den "Netizen" oder "Wired Sources", und eine Fernsehsendung für MSNBC.

Letztere wurde freilich nach vier Sendungen wegen "esoterischer Berichterstattung" eingestellt, und auch sonst war die Expansion im Schweinsgalopp zu schnell für das rasant wachsende Unternehmen. Zwei Börsengänge scheiterten, weil sich nicht genug Käufer für die Aktien des Netzmagazins fanden. Während Wired Enterprises den Wert des Unternehmens mit 450 Millionen Mark bezifferten, ging man an der Börse von einem Gesamtwert von 125 Mio aus.

So wurden 75 der 360 Angestellten entlassen, die Buchreihe zurechtgestutzt, Louis Rosetto mußte seinen Aufsichtsratsposten aufgeben, und man "konzentrierte sich auf das Kerngeschäft", wie es so schön heißt: Anzeigenaquise für den Printtitel. Bis Ende 1998 hofft man nun in den schwarzen Zahlen zu sein. Trotzdem ist Wired vielen potentiellen Anlegern noch immer zu avantgardistisch:
"Wenn sie eine größere Leserschaft erreichen wollen, müssen sie mehr Mainstream werden", sagt Peter Storck, ein Analyst bei der Investitionsfirma Jupiter Communications.