Zu hoher Lohn? Betriebsratsvergütung zwischen Bestrafung und Korruption

"Betriebsrat" im Museum des Werkes Hamburg

(Bild: Spitzi-Foto / Shutterstock.com)

Der Bundestag hat die Vergütung von Betriebsräten neu geregelt. Benachteiligungen und Begünstigungen sind unzulässig. Doch reicht das aus, um ihre Arbeit zu schützen?

Die Vergütung von Betriebsratsmitgliedern ist immer wieder Gegenstand von Diskussionen in den Betrieben. In den vergangenen Monaten wurde einigen Betriebsratsmitgliedern das Gehalt gekürzt. Die Unternehmen nahmen ein Gerichtsurteil als Vorwand für die Kürzungen.

Teilweise wurden die Bezüge von Betriebsräten halbiert, wie der Gesamtbetriebsratsvorsitzende des Automobilzulieferers ZF, Achim Dietrich, bei einer Anhörung im April berichtete. Auch die Staatsanwaltschaft wurde aktiv. "Razzia bei VW – auch Vorstandsbüros durchsucht. Staatsanwaltschaft vermutet unzulässig hohe Gehaltszahlungen an Betriebsräte", berichtete das Handelsblatt im vergangenen Jahr.

Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH 10.1.2023 - 6 StR 133/22) im Januar 2023 sorgte für Aufregung aufseiten der Manager, da sich die Richter mit Haftungsfragen auseinandersetzten. Denn für zu viel gezahlte Gehälter von Betriebsratsmitgliedern müssen – nach Auffassung des Gerichts – die Unternehmensentscheider geradestehen.

Dies kann zu Schadenersatzforderungen gegenüber dem Unternehmen oder im Extremfall zu Strafverfahren gegen Personalleiter oder Geschäftsführer führen. So wurden bestehende Vergütungen von Betriebsratsmitgliedern infrage gestellt und in der Praxis auch teilweise gekürzt.

Das soll nicht so bleiben: Der Bundestag hat nun eine Neuregelung beschlossen. Seit September 2023 lag der Entwurf einer Expertenkommission vor, die Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) nach dem BGH-Urteil beauftragt hatte. Für die Neuregelung gibt es Lob von allen Seiten. Gewerkschaften und Arbeitgebervertreter signalisierten schnell Zustimmung. Dennoch dauerte es ein Dreivierteljahr, bis die Gesetzesänderung im Bundestag verabschiedet wurde. Jetzt muss noch der Bundesrat zustimmen.

Betriebsräte sollen nicht schlechter bezahlt werden als vergleichbare Arbeitnehmer. Wer vergleichbar ist, soll nun im Betriebsverfassungsgesetz konkretisiert werden. Dazu können auch Betriebsvereinbarungen abgeschlossen werden, um Rechtssicherheit zu haben.

"Wer sich als Betriebsrat engagiert, muss sicher sein, dass er keine beruflichen Nachteile befürchten muss", bekräftigt Minister Heil. Denn die Freistellung von Betriebsräten soll sich nicht negativ auf die Lohnentwicklung auswirken.

Gesetzlich klar geregelt: keine Vorteile oder Nachteile durch das Betriebsratsamt

Für die Zahlung der Grundvergütung von Interessenvertretern, die ihr Amt ausüben und weiterhin am Arbeitsplatz tätig sind, ist die Regelung einfach und bleibt unverändert. Das Betriebsratsmitglied darf nicht schlechter bezahlt werden als vor der Amtsübernahme. Schwieriger wird es bei leistungsabhängiger Bezahlung und bei freigestellten Betriebsratsmitgliedern, die sich ausschließlich der Interessenvertretung widmen.

Das Betriebsverfassungsgesetz stellt klar: Betriebsratsmitglieder "dürfen in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden. Sie dürfen wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden; dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung." (§ 78 BetrVG)

Mit der Gesetzesänderung soll laut Arbeitsminister Heil künftig Unsicherheit vermieden werden. Auch Unionsabgeordnete begrüßten die Neuerung, kritisierten aber unter anderem, dass es so lange gedauert habe, das Gesetz zu verabschieden.

"Es empfiehlt sich daher, von der Möglichkeit konkretisierender Betriebsvereinbarungen (BV) Gebrauch zu machen", erklärt Andreas Engelmann, Professor an der Hochschule für Arbeit in Frankfurt am Main, in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Arbeitsrecht im Betrieb.

"So kann durch BV festgelegt werden, wie die Vergleichsgruppe zu bilden und vor allem, wann sie zu aktualisieren ist." Diese gelte dann unmittelbar und verbindlich. "Außerdem erzeugen eindeutige Verfahren für alle Beteiligten mehr Klarheit und vermeiden Rechtsstreit", erläutert der Experte.

Vorteile für Betriebsräte zulasten der Belegschaft

Was dabei übersehen wird: Das Gesetz schreibt ausdrücklich vor, dass Betriebsratsmitglieder nicht benachteiligt, aber auch nicht begünstigt werden dürfen. Denn die Zahlung einer höheren Vergütung an Betriebsratsmitglieder führt dazu, dass Entscheidungen eher zugunsten des Unternehmens getroffen werden.

Vorteile für das Unternehmen können vielfältig sein. Dazu gehören die Genehmigung von Wochenendschichten, generelle Nachtarbeit, umfangreiche Auswertungen im neuen Workflow-System oder strikte Urlaubsregelungen – alles Themen, bei denen der Betriebsrat mitbestimmt.

Wenn es um Zusatzleistungen geht, können Konzerne durchaus erfinderisch sein. So berichten Beobachter von Zulagen ausschließlich für Betriebsratsarbeit oder Dienstwagen ohne sachliche Notwendigkeit – bis zum Nebenjob für die Ehefrau des Betriebsratsvorsitzenden.

In einem Betrieb bewarb sich ein freigestelltes Betriebsratsmitglied auf die Stelle des Personalleiters. Da er die Stelle nicht antrat, aber für geeignet befunden wurde, wurde sein Gehalt auf Managerniveau angehoben. Diese Art der Vorteilsnahme hat Nachteile für die Belegschaft, die oft nichts davon erfährt, da die Entscheidungen mit Geheimhaltungserklärungen verbunden sind.

Für Betriebsräte in Unternehmen, deren Management oder Eigentümer nicht bereit sind, eine Betriebsvereinbarung abzuschließen, verbessert sich die Situation nicht. Der NDR berichtete im vergangenen Jahr:

Seitdem sich bei Amazon immer mehr Betriebsräte gründen, häufen sich Anzeichen, dass das Unternehmen offenbar strukturell gegen Mitglieder des Mitbestimmungsgremiums vorgeht. An allen drei norddeutschen Amazon-Standorten, an denen es Betriebsräte gibt, wurde in den letzten Monaten jeweils ein Mitglied aus dem Unternehmen gedrängt. Auffällig ist, dass alle Betroffenen Verdi- Mitglieder sind und sich in der Vergangenheit für Mitarbeiter:innen-Rechte stark gemacht haben.

Mal wurde ein Vertrag nicht verlängert, mal gab es eine fristlose Kündigung oder eine Klage vor dem Arbeitsgericht. work-watch.de berichtet über aktuelle Fälle und zeigt, wie Betriebsräten die Arbeit erschwert wird.

Die betroffenen Betriebsräte müssen weiterhin in langwierigen Arbeitsgerichtsverfahren im Einzelfall die fehlende Lohnerhöhung vergleichbarer Kollegen einklagen. Auch die Behinderung ihrer Arbeit durch Verweigerung von Unterlagen, Verweigerung von Schulungen oder Drohungen gegen Einzelpersonen sind häufig. Auf "Union-Busting" spezialisierte Anwaltskanzleien beraten Unternehmen häufig bei der Einschränkung von Arbeitnehmerrechten.

Der Bundestag ist hier nicht aktiv geworden. Eine Neuregelung ist überfällig, denn die Behinderung der Betriebsratsarbeit wird bislang kaum von den Staatsanwaltschaften verfolgt. Wenn dies gesetzlich zu einem Offizialdelikt wird, bei dem die Staatsanwaltschaft von sich aus aktiv werden muss, ist die Abschreckung für Unternehmen größer. Denkbar wäre auch die Einrichtung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften, die sich auf die Verfolgung von Betriebsratsbehinderungen konzentrieren.

Susanne Ferschl, Bundestagsabgeordnete der Partei Die Linke, begrüßt den Beschluss zur Vergütung, kritisiert aber die Entscheidung des Bundestages als verpasste Chance: "Es irritiert, dass die Bundesregierung nicht gleich die im Koalitionsvertrag versprochene Regelung zum Offizialdelikt mit umsetzt".

Die Regierungsparteien hatten zu Beginn der Legislaturperiode ein Gesetz angekündigt, wonach die Staatsanwaltschaft bei Behinderung der Betriebsratsarbeit von Amts wegen ermitteln soll. Bis heute hat die Bundesregierung keine entsprechende Neuregelung beschlossen.