mRNA-Vakzine gegen Covid-19: Das Risiko bleibt jung und männlich

Seite 3: Myokarditis bei Kindern und Jugendlichen von zwölf bis 17 Jahren

In Abbildung 6 (S. 20 des Sicherheitsberichts) ist die Melderate von unerwünschten Impfreaktionen von besonderem Interesse nach Comirnaty-Impfung, die zweimal oder häufiger berichtet wurden, bezogen auf 1.000 Impfungen aufgeführt. Dabei fallen, ähnlich wie bei Erwachsenen, Meldungen einer Myo-/Perikarditis auf und bilden den mit Abstand höchsten Peak.

Bis zum 31.12.2021 wurden dem PEI 147 Meldungen einer Myo-/Perikarditis bei Kindern und Jugendlichen im Alter von zwölf bis 17 Jahren berichtet. Betroffen waren 132 männliche und 15 weibliche Jugendliche.

Bei männlichen Kindern und Jugendlichen traten die Reaktionen in 90 Fällen nach der zweiten Impfung und in 24 Fällen nach der ersten Impfung auf. Bei 18 Meldungen wurde keine Angabe zur Impfdosis gemacht.

Bei weiblichen Kindern und Jugendlichen traten die Reaktionen jeweils in sieben Fällen nach der ersten und nach der zweiten Dosis auf.

Die Melderate einer Myo-, bzw. Perikarditis unter Berücksichtigung fehlender Angaben zur Impfdosis betrug bei männlichen Kindern bzw. Jugendlichen 5,1 Fälle pro 100.000 Impfdosen und bei weiblichen Kindern bzw. Jugendlichen 0,6 Fälle pro 100.000 Impfdosen, wobei bei männlichen Kindern und Jugendlichen die Melderate nach der zweiten Impfung mit 8,6 pro 100.000 Impfdosen höher war als mit 2,0 pro 100.000 Impfdosen nach der ersten Impfung.

Die Melderate bei männlichen Kindern und Jugendlichen im Alter von zwölf bis 17 Jahren nach der zweiten Impfdosis ist damit in einer vergleichbaren Größenordnung wie bei zwölf bis 15 Jahre alten Jungen nach zweiter Comirnaty-Impfung in Israel.

Insgesamt ist die Melderate einer Myo-, bzw. Perikarditis bei zwölf bis 17 Jahre alten Kindern und Jugendlichen im Vergleich zur Auswertung bis zum 30.11.2021 etwa auf gleichem Niveau geblieben.

Hinsichtlich des Ausgangs der Erkrankungen wurde die Mehrzahl der Fälle als wiederhergestellt oder auf dem Weg der Besserung beschrieben (40,2 Prozent bzw. 17,9 Prozent). In 28 Prozent der Fälle waren die unerwünschten Reaktionen zum Zeitpunkt der Meldung noch nicht vollständig abgeklungen und bei 13,3 Prozent der Meldungen war der Ausgang der Myo-/Perikarditis nicht bekannt.

Ein Patient verstarb und bei einem weiteren Patienten wurde ein bleibender Schaden berichtet.

Bis zum Stichtag 31.12.2021 wurde kein Fall einer Myo-, bzw. Perikarditis im Rahmen der Spontanberichterstattung nach dritter Impfung berichtet (siehe oben).

Weitere schwerwiegende Nebenwirkungen in dieser Altersgruppe

Ferner wurden insgesamt sechs Fälle eines Guillain-Barré-Syndroms (GBS) in der Altersgruppe zwölf bis 17 Jahre berichtet. Das GBS ist eine Rarität bei Kindern und Jugendlichen mit einer Inzidenz von 0,75 pro 100.000 Patientenjahre für zehn bis 19 Jahre alte Personen.1

Auch wenn in der Observed-versus-Expected-Analyse (siehe oben) sich derzeit kein Risikosignal für ein GBS begründen lässt, wird das PEI weitere mögliche Meldungen intensiv nachverfolgen.

Bei vier Jugendlichen wurde ein Pädiatrisches Inflammatorisches Multiorgansyndrom (pediatric inflammatory multisystem syndrome, PIMS) im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung berichtet. Bei drei Jugendlichen war in der Anamnese eine Sars-CoV-2-Infektion festgestellt worden, die als Ursache eines PIMS bekannt ist.

Weitere Meldungen betrafen 22 Fälle von Fazialisparesen (Gesichtslähmungen), 17 Fälle von Thrombozytopenien und sechs Fälle, die als Enzephalitis kodiert waren. Bei allen diesen Meldungen konnte das PEI einen ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung ausschließen.

Melderaten bei Kindern unter zwölf Jahren

Dem PEI wurden insgesamt 505 Verdachtsfälle einer Nebenwirkung gemeldet, in denen die Kinder zum Zeitpunkt der Covid-19-Impfung jünger als zwölf Jahre alt waren, davon 498 Fälle nach Comirnaty, vier Fälle nach Spikevax, zwei Fälle nach Vayzevria und ein Fall nach Covid-19 Vaccine Janssen.

Von den 505 Verdachtsmeldungen einer Nebenwirkung nach Impfung von Kindern unter zwölf Jahren mit Comirnaty war bei insgesamt 103 Verdachtsmeldungen ein Alter unter fünf Jahren zum Zeitpunkt der Impfung angeben.

In 20 der 103 Fälle handelte es sich um gestillte Säuglinge, bei denen unerwünschte Reaktionen im zeitlichen Zusammenhang mit einer Impfung der Mütter berichtet wurden. Alle berichteten Reaktionen in den 103 Verdachtsfällen bei Kindern unter fünf Jahren wurden als nicht schwerwiegend klassifiziert.

In der Altersgruppe fünf bis elf Jahre wurden 398 Verdachtsfälle mit einer Nebenwirkung nach Impfung mit Comirnaty gemeldet. Fünf Meldungen berichteten unerwünschte Reaktionen, die aufgrund der Definition im Arzneimittelgesetz oder der Vorgaben der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) als schwerwiegend klassifiziert wurden.

Dies sind Typ 1 Diabetes mellitus, Immunthrombozytopenie, Erbrechen und Fieber, Fieber sowie Synkope. Daraus lässt sich eine Melderate von 1,14 schwerwiegenden Fällen pro 100.000 Impfungen mit Comirnaty errechnen.

Die überwiegende Anzahl der gemeldeten Verdachtsfälle (n= 306) bezog sich auf Impfreaktionen nach der ersten Comirnaty-Impfung. Drei Kinder wurden mit Impfstoffen geimpft, die für diese Altersgruppe nicht zugelassen sind. In einer weiteren Meldung war der Impfstoff nicht mitgeteilt worden.

In Abbildung 7 (S. 22 des Sicherheitsberichts) sind die gemeldeten unerwünschten Reaktionen als Melderate pro 1.000 Comirnaty-Impfungen dargestellt.

In 76,4 Prozent waren die Kinder zum Zeitpunkt der Meldung wieder vollständig genesen, in 9,8 Prozent der Meldungen wurde die Besserung des Allgemeinzustandes berichtet. Zum Zeitpunkt der Meldung waren 8,6 Prozent der Kinder mit Nebenwirkungen noch nicht wiederhergestellt, in 5,6 Prozent ist der Fallausgang unbekannt. Es wurde kein bleibender Schaden und kein Todesfall berichtet.

Schlussfolgerungen:

1. Die Empfehlung zur Durchführung einer Impfung zur Prävention gegen Covid-19 beruht aus meiner Sicht vor allem auf einer individuellen Risiko-Nutzen-Abwägung. Dabei spielt die Sicherheit der Impfung die entscheidende Rolle. Deshalb ist es zu begrüßen, dass das PEI regelmäßig Sicherheitsberichte vorlegt.

2. Da die Anzahl und die Häufigkeit von schwerwiegenden Nebenwirkungen und Impfkomplikationen bei den beiden in der EU zugelassenen Vektor-Impfstoffen Vaxzevria und Covid-19 Vaccine Janssen höher zu sein scheint, ist es in Deutschland und einigen anderen Ländern inzwischen zu einem faktischen Stopp der Verimpfung dieser beiden Vakzine zugunsten der beiden zugelassenen mRNA-Impfstoffe gekommen.

3. Die wichtigste schwerwiegende Nebenwirkung der beiden mRNA-Impfstoffe ist das Auftreten einer Myokarditis und /oder Perikarditis nach der Impfung. Das Gesamtrisiko wird mit weniger als 1 Fall bei 10.000 Geimpften angegeben.

4. Die Ursachen der Myokarditis nach Covid-19-Impfung mit mRNA-Vakzinen sind nicht geklärt, obwohl eine Reihe von Mechanismen diskutiert werden, die typischerweise das verabreichte S-Protein-mRNA einschließen und wahrscheinlich durch einen Autoimmunmechanismus vermittelt werden.

5. Für ältere Erwachsene (z.B. ab 50 Jahre) und solche mit Risikofaktoren für einen schweren Krankheitsverlauf unabhängig vom Lebensalter (z.B. chronische Herz-Kreislauf- und Lungenkrankheiten, Diabetes mellitus oder Adipositas) fällt die Nutzen-Risiko-Abwägung eindeutig positiv zugunsten einer Impfempfehlung mit mRNA-Vakzinen aus.

6. Das ist insbesondere für die bisher Ungeimpften dieser Altersgruppe von Bedeutung, von denen es immer noch mehrere Millionen in Deutschland gibt. Angehörige dieser Gruppe können sich durch eine vollständige Impfung im Falle einer Infektion mit dem Coronavirus zu mehr als 90 Prozent vor einem schweren Krankheitsverlauf mit unter Umständen tödlichem Verlauf schützen und sollten deshalb von ihren Hausärztinnen und -ärzten von der Notwendigkeit einer Impfung überzeugt werden.

7. Im Unterschied dazu ist aus meiner Sicht die Beweiskraft der geschilderten Daten des jüngsten Sicherheitsberichts des PEI für eine generelle Impfempfehlung mit mRNA-Vakzinen bei jungen gesunden Männern unterhalb der 30. Lebensjahrs und gesunden Kindern und Jugendlichen weiterhin fragwürdig.

8. Diese Einschätzung ergibt sich auch aus entsprechenden US-Daten des (passiven) Meldesystems Vaers, die ich in meinem letzten Artikel zu diesem Thema diskutiert habe. Dort sind auch alters- und geschlechtsspezifische Häufigkeiten für eine Myokarditis nach mRNA-Impfstoffen angegeben, die bei jungen Männern und männlichen Jugendlichen um ein Vielfaches höher sind als im Durchschnitt der Fälle.

Klaus-Dieter Kolenda, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin - Gastroenterologie, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin/Sozialmedizin, war von 1985 bis 2006 Chefarzt einer Rehabilitationsklinik für Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, der Atemwege, des Stoffwechsels und der Bewegungsorgane. Seit 1978 ist er als medizinischer Sachverständiger bei der Sozialgerichtsbarkeit in Schleswig-Holstein tätig. Zudem arbeitet er in der Kieler Gruppe der IPPNW e.V. (Internationale Ärztinnen und Ärzte für die Verhinderung des Atomkriegs und für soziale Verantwortung) mit. E-Mail: klaus-dieter.kolenda@gmx.de

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

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