5 Jahre Energieausweis

Trotz vieler falscher Ergebnisse etabliert und im Prinzip für gut befunden

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Zum runden Jubiläum des "Gebäudeenergieausweises" veröffentlichte das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) eine Metaanalyse. Untersucht wurden ausgestellte Energieausweise der letzten Jahre auf ihre Richtigkeit. Gleichzeitig wurden die Kunden der Energieausweise zu ihrer Akzeptanz und ihrem Verständnis der Angaben im Energeieausweis befragt. Das Ergebnis: Die Angaben in den Ausweisen sind oft falsch, die Adressaten finden den Energieausweis im Prinzip aber gut und wichtig. Damit taucht ein ähnliches Dilemma auf wie schon im Oktober 2010 als die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) die Rechenverfahren der aktuellen DIN 18599 nicht mehr anerkannte, weil die Ergebnisse nicht mehr nachzuvollziehen sind - lags an der Software, den Ausstellern, den Rechenverfahren?

Im Januar 2006 musste die damalige Bundesregierung die Europäische Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden in nationales Recht umgesetzen. Primäres politisches Ziel war die Verminderung des Energieverbrauchs in Gebäuden und des Kohlendioxidaustoßes. Bestandteil davon war der Energieausweis, der Mietern, Käufern und Hausbesitzern den Energiebedarf ihrer Gebäude transparent machen soll. Das Prinzip: Der Ausweis stellt den Energieverbrauch des Gebäudes dar und vergleicht ihn mit den Anforderungen an einen Neubau.

Lange wurde hierzulande gezaudert mit der Einführung des Energieausweises, denn die Wohnungswirtschaft und ihre Vertreter in der Politik fürchteten ein Zuviel an Transparenz. Würden Mieter beginnen die Miete zu mindern , wenn das Gebäude eine Energieschleuder ist, oder Käufer die Preise drücken, wenn offensichtlich würde, wie viel noch in die energetische Sanierung zu investieren ist? Nichts dergleichen trat ein, stattdessen ist der Energieausweis etabliert. Und das, obwohl seine Angaben oft nicht stimmen und seine visuelle Darstellung auch bei Gebäuden mit hohem Energieverbrauch suggeriert, alles sei im grünen Bereich.

Bei den in der Metaanalyse befragten Energieausweiskunden war als Kernelement des Energieausweises das Tachometer am besten im Gedächtnis. Dieses zeigt aber noch Gebäude mit Energieverbräuchen von 150 kWh/(m²·a) als scheinbar gut an. Dabei liegen die Mindestanforderungen an Neubauten mittlerweile bei unter 75 kWh. Hier ist die Politik ähnlich zögerlich wie bei den Energielabels für Elektrogeräte. Anstatt veraltete Geräte mit hohem Verbrauch auch als solche kenntlich zu machen, werden Lösungen wie das A+++ Label eingeführt - mit der Folge, dass der Kennzeichnung ihre Schärfe und Aussagekraft genommen wird. Ähnliches ist auch im Energieausweis der Fall, das Tachomter wurde auf sagenhafte 400 kWh gedehnt, Werte, die in der Praxis nicht vorkommen. Kritisiert wird am Energieausweis auch, dass sich die Angaben auf eine fiktive Nutzfläche beziehen (sie wird aus dem Gebäudevolumen errechnet) das führt dazu, dass Energieausweise vor allem untereinander vergleichbar sind, nicht aber auf die Wohnfläche, die man mietet oder kauft.

Nichtsdestotrotz stellte sich bei der Befragung heraus, dass vom Energieausweis vor allem das Bandtacho beachtet wird, die übrigen Angaben aber als zu abstrakt empfunden werden. Verbesserungsbedarf besteht aber vor allem noch beim Kern der Ausweise, den Rechenergebnissen selbst. Hier zeigten sich teilweise gravierende Abweichungen, bei den berechneten Ergebnissen ("Energiebedarf") um - 30 bis + 110 Prozent und selbst bei den Angaben in den Energieausweisen die aus dem tatsächlichen Verbrauch errechnet wurden lag die Bandbreite der falschen Ergebnisse immer noch bei - 25 bis + 15 Prozent!

Bild1.jpg

Bild1: Abweichungen "Energiebedarf" in den Energieausweisen, BBSR.

Bild2.jpg

Bild2: Abweichungen "Energieverbrauch" in den Energieausweisen, BBSR.

Bild0.jpg

Bild3: Das Tachometerband des Energieausweises mit viel beruhigendem Grün, EnEV