Al Jazeera bald auf französisch

Erst sponsort Katar einen berühmten Pariser Fußballclub, dann die Banlieues und jetzt will es auch noch in die Wohnzimmer

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Der katarische Sender al-Jazeera wird im nächsten Jahr einen französisch-sprachigen Kanal bekommen, verkündete Scheich Ahmed Bin Jassim al-Thani. Mitte 2014 soll er auf Sendung gehen.

Der Scheich ist, wie sein Name verrät, Mitglied der Herrscherfamilie al-Thani. Er löste im Herbst 2011 den Journalisten Wadah Khanfar ab, der den Sender groß gemacht und al-Jazeera English sowie andere Kanäle geschaffen hatte. Der Rücktritt Khanfars war von vielen Spekulationen darüber begleitet, das hinter seinem Schritt politische Motive standen. Die Regentenfamilie wolle größere Kontrolle, wurde vermutet, manche sprachen bereits vom Ende der AL-Jazeera-Dekade. Und so ganz unrecht hatten sie nicht.

Spätestens seit al-Jazeera sich im libyschen Krieg der Rebellen gegen Gaddafi eindeutig auf Seiten der Aufständischen platzierte und auch den Militäreinsatz der Nato guthieß, wurde die politische Schlagseite deutlich. Schon zuvor bei den Demonstrationen in Bahrain und der Niederschlagung der Oppositionellen war aufgefallen, dass sich der katarische Sender ungewohnt zurückhielt. Das erklärte man sich noch mit der engen Nachbarschaft zu Katar und den katarischen Sicherheitsinteressen.

Doch wurde auch da schon deutlich, dass, was in einem WikiLeaks-Kabel veröffentlicht worden war, kein ausgedachte Unterstellung war: Dass die katarische al-Jazeera als Instrument der Außenpolitik versteht und nicht als unabhängiges journalistisches Angebot. Seit dem Libyenkrieg und der Berichterstattung von al-Jazeera English über Syrien ist die außenpolitische Instrumentalisierung des Senders unverkennbar. Katar finanziert in beiden Ländern die islamistische Opposition und hatte zuvor auch die Ennahda in Tunesien stark unterstützt. Die Berichterstattung folgte dieser Linie auffällig. Viele Zuschauer sind abgewandert, heißt es.

Der Emir von Katar vertrete eine pro-westliche und eine pro-islamistische Haltung, meint Guido Steinberg, diese Präferenzen seien seit 2011 deutlich geworden, bei den Aufständen, damals noch "arabischer Frühling" genannt, habe Hamid ganz deutlich auf Islamisten gesetzt: "Also er vertritt da eine sehr sehr positive Haltung gegenüber den islamistischen Bewegungen, die ziemlich genau das widerspiegelt, was Gelehrte wie Yusuf Al Qaradawi vertreten, also der Islamgelehrte der arabischen Welt überhaupt." Qaradawi hat eine bekannte Sendung im arabischen Programm von al-Jazeera. Es gibt eine lang gepflegte Nähe zu den Muslimbrüdern.

So wird man sich auch in Frankreich fragen, welche politischen Ambitionen der Sender mit dem französischen Programm verfolgt. Katar investiert seit Jahren kräftig in der Hauptstadt. Viel Aufsehen erregte die Finanzierung des Fußballclubs Paris Saint Germain (der Präsident des Clubs, Nasser Al-Khelaifi, ist aus Katar und zufälligerweise auch Chef von Al-Jazeera Sports) sowie das millionenschwere Sponsoringangebot für die Talente in den Banlieues, das besonders im rechten politischen Spektrum mit großem Misstrauen beäugt wurde. Auch in Mali und Nordafrika gibt es Reibungen zwischen den Frankreich und Katar, es geht um die Hoheit über Mobilfunkverträge, Ressourcen und Vorwürfe, bzw. Spekulationen zur Finanzierung von Gruppen, die Frankreich in der Sahelzone bekämpft. Anderseits wurde dem vormaligen Präsident Sarkozy erst vor wenigen Tagen angeblich ein lukratives Job-Angebot von katarischen Investoren gemacht.

Sicher ist, dass es in Frankreich schon lange Stimmen gibt, die sich über die außenpolitischen, interventionistischen Aktivitäten der "Mikro-Monarchie" wundern. Man darf gespannt sein, wie sie die Sendung aus Katar empfangen.