BZÖ will ORF privatisieren

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk soll in eine Aktiengesellschaft mit staatlicher Sperrminorität überführt werden

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In Österreich tobt derzeit eine Schlacht um die öffentlichen Radio- und Fernsehprogramme. Auslöser dafür war eine Personalfrage, die früher wahrscheinlich nicht einmal eine kurze Meldung wert gewesen wäre: Nikolaus Pelinka, ein 25-jähriger SPÖ-Karrierist , sollte nämlich Büroleiter des ORF-Generaldirektors Alexander Wrabetz werden. Dann aber nutzten 55 ORF-Mitarbeiter die private Internet-Konkurrenz YouTube, um dort ein (mittlerweile fast eine halbe Million mal angeklicktes) Video einzustellen, in dem sie gegen die politische Postenbesetzung protestieren. Obwohl Pelinka heute erklärte, auf den Posten zu verzichten, werden die grundsätzlichen Fragen, die die Personalfrage in die Medien brachte, weiter debattiert.

Die Grünen hatten die Pelinka-Affäre nämlich zum Anlass genommen, die Karriere des ehemaligen ÖVP-Politikers Helmut Krieghofer zu kritisieren, der zum Jahresbeginn neuer Direktor des ORF-Landesstudios Tirol wurde. Die ÖVP revanchierte sich damit, dass sie den Fall des grünen Stiftungsrates Pius Strobl in Erinnerung rief, den man zum ORF-Kommunikationschef ernannte. Bundeskanzler Werner Faymann, der in einer Großen Koalition mit der ÖVP regiert, wischte dagegen Kritik an den Drehtüren zwischen der Politik und dem ORF mit dem lässigen Verweis beiseite, es sei "in ganz Europa" üblich, dass Parteien bei öffentlich-rechtlichen Sendern mitreden.

Das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) nutzt diese Debatte für einen Vorschlag, der ihm ein Alleinstellungsmerkmal in der politischen Landschaft Österreichs beschert: Stefan Petzner, ein Nationalratsabgeordneter der Oppositionspartei, fordert nämlich die Umwandlung der öffentlich-rechtlichen Stiftung, die die Sender betreibt, in eine Aktiengesellschaft, an der der die Republik Österreich nur mehr eine Sperrminorität von 25 Prozent halten soll. Die restlichen 75 Prozent der Aktien will Petzner verkaufen und damit den durch die Eurokrise schwer belasteten Staatshaushalt sanieren helfen.

Der Plan stieß unter anderem beim ehemaligen ORF-Generalintendanten Gerhard Weis auf Zustimmung, der darin eine wirksame Möglichkeit sieht, die "von Jahr zu Jahr schärfer gewordene" politische Einflussnahme zu begrenzen. Eine Schwachstelle dieses Vorhabens ist allerdings sein Sponsor, dem man private Motive unterstellen könnte: Petzner, der bisher vor allem durch seine "Lebensmensch"-Betroffenheit nach dem tödlichen Autounfall seines ehemaligen Chefs Jörg Haider Aufsehen erregte, versuchte nämlich zwei Jahre lang vergeblich ein Buch des häufig für den ORF tätigen Autors David Schalko verbieten zu lassen, weil er in dem "fiktiven Liebesepos zweier Lebensmenschen" sich und Haider wiederzuerkennen glaubte und dadurch seinen "höchstpersönlichen Lebensbereich" verletzt sah.