Bayern: Volle Aschenbecher in Gaststätten wieder amtlich abgesegnet

Gesundheitsminister Markus Söder kündigt Lockerungen des Nichtraucherschutzgesetzes an

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"Raucherclubs sind mit dem neuen Gesetz passé. Es wird sie künftig nicht mehr geben, weil wir die bisherigen gesetzlichen Hintertürchen schließen", gab gestern der neue Gesundheitsminister Markus Söder bekannt. Noch vor Weihnachten soll ein modifiziertes "Nichtraucherschutzgesetz" im Kabinett beraten werden und im Frühjahr von der CSU/FDP-Mehrheit im Landtag verabschiedet werden. Demnach darf künftig in Bier- und Weinzelten, in Einraumkneipen, die nicht mehr als 75 Quadratmeter haben, sowie in Gaststätten, eingeschlossen Speiserestaurants und Discotheken, wieder geraucht werden, wenn es abgetrennte Nebenräume gibt und der Wirt es so will.

Der gesetzliche Schutz gegenüber Nichtrauchern konzentriert sich vor allem auf Unter-18Jährige: Wirte müssen ihr Raucherlokal als solches deutlich kennzeichnen, Minderjährige dürfen selbst in Begleitung der Eltern reine Raucherlokale nicht mehr betreten, heißt es im Focus, den Gesundheitsminister Söder über seine Raucherpläne informierte.

Söders Formulierung von der Abschaffung der Raucherclubs und den dazu gehörigen gesetzlichen Hintertürchen zeigt wieder, wie gerne die Politik in Bayern Theater macht. Die Abschaffung der Raucherclubs, die dem Gesundheitsminister übertrieben scheppernde Schlagzeilen beschert - "Bayerns neuer Gesundheitsminister greift durch..." -, ist bloße Kulissenschieberei. Nichts ändert sich wesentlich, außer dass es keine Club-Kärtchen für Sammler mehr gibt. Selten waren die Wirte einer Einraumkneipe in München, die das "bundesweit schärfste Nichtrauchergesetz" jemals ernstgenommen hatten. Alle Aufmerksamkeit war im Januar dieses Jahres darauf gerichtet, wie die Exekutivorgane das Gesetz umsetzen würden. Auf der praktischen Ebene weiß man um die vielen Facetten der Doppelmoral in Bayern. Und nachdem die für Münchens Wirte relevante Instanz, das Kreisverwaltungsreferat (das sich unter den Referenten Gauweiler und Uhl einen gewissen Namen gemacht hatte) signalisierte, dass es die Befolgung des Nichtrauchergesetzes nicht allzu streng überwachen würde, wurden die Aschenbecher behalten und nur hinter die Theke geräumt.

Das Rauchverbot sorgte so letztlich bei manchen Wirten für einen neu gestärkten Nimbus des Anarchischen und für ein paar neue Geschichten im Tresen-Repertoire, wenn inmitten altvertrauter Rauchwolken launig erzählt wurde von grimmigen nachbarschaftlichen Beschwerden, grinsenden Polizeibeamten und netten Menschen vom KVR, die dezent mit Rat bei der Gründung von Raucherclubs behilflich waren.

Die neue bayerische Linie von Gesundheitsminister Söder, die aus Clubs wieder normale Stüberl macht, hat natürlich ihre Kritiker. Als Minderheitenpolitik kritisierte etwa Vizepräsident Ernst-Günther Krause von der Nichtraucher-Initiative Deutschland die geplante Änderung. Sein Argument ist nicht so leicht vom Tisch zu wischen wie abgefallene Asche: der Gesundheitsschutz von Kellnern und Bedienungen. Rauchen gesetzlich erlaubt also nur für EinRaum- und EinWirt-Gaststätten?