Biolandwirtschaft erhöht Artenvielfalt nur geringfügig

Der Gewinn an Artenvielfalt gleiche die großen Ernteeinbußen nicht aus, so eine Studie von britischen Biologen, weswegen Biolandwirtschaft kein Königsweg sei

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Biologische Landwirtschaft sollte eigentlich für die Natur besser sein und Umweltbelastungen reduzieren, da etwa auf Kunstdünger, Pestizide und andere Gifte verzichtet wird, während durch die Fruchtfolgen die Böden fruchtbarer sein sollen. Obgleich man davon ausgehen würde, dass die biologische Landwirtschaft für eine höhere Artenvielfalt sorgen sollte, ist dies nach einer in den Ecology Letters veröffentlichten Studie von Biologen der University of Leeds aber nur in einem geringen Maße so.

Eine Untersuchung der britischen Lebensmittelbehörde kam letztes Jahr zu dem Ergebnis, dass Biolebensmittel für den Menschen nicht gesünder sein sollen als herkömmlich angebaute landwirtschaftliche Produkte. Dabei wurde freilich nur auf den Nährwert geachtet, nicht aber die Belastung der Lebensmittel mit Pestiziden etc.

Wie nun die Biologen in ihrer Untersuchung von 32 biologisch und traditionell ausgerichteten landwirtschaftlichen Betriebe in zwei Gebieten Großbritannien herausgefunden haben, ist die Artenvielfalt bei biologischer Landwirtschaft zwar höher, aber mit durchschnittlich 12 Prozent nur geringfügig. Insgesamt wurden 192 Felder untersucht und miteinander verglichen, erfasst wurden Vögel, Insekten, Würmer und Pflanzen. Untersucht wurde auch, ob die Artenvielfalt auch davon abhängt, ob es nur einen einzelnen Biobauernhof in einem Gebiet gibt oder ob dort mehrere vorhanden sind.

Beim Vergleich der biologisch und traditionell ausgerichteten landwirtschaftlichen Betriebe stellten die Wissenschaftler zwar eine Zunahme der Artenvielfalt um 12,4 Prozent bei den Feldern der Biobauernhöfe fest, gleichzeitig aber auch einen Rückgang der Ernte um 55 Prozent. Die flächendeckende, auf biologisch und traditionell bearbeiteten Feldern zu findende Artenvielfalt wird um 9,1 Prozent höher, wenn es eine größere Dichte von biologisch ausgerichteten Betrieben gibt. Dann können sich die Tiere nicht nur halten, sondern auch besser verbreiten. Man müsse also eine optimale Mischung von Anbauweisen realisiern.

Allerdings haben die Biologen beobachtet, dass traditionell wirtschaftende Betriebe, die umgeben sind von Biobauernhöfen, mehr Pestizide zur Abwehr von Schädlingen einsetzen, als in einem Gebiet, in dem es nur wenige Biobauernhöfe gibt. Kleine Vögel kann es in der Biolandwirtschaft sogar weniger geben, weil sich dort mehr Raubvögel ansiedeln.

Tim Benton, einer der Autoren, zieht aus der Untersuchung den Schluss, dass Biolandwirtschaft keine Lösung sei, wenn sie ausschließlich betrieben würde. Um dieselbe Menge an Lebensmittel zu produzieren, wie dies die Landwirtschaft heute macht, müsste die landwirtschaftlich genutzte Fläche verdoppelt werden. Und da die Lebensmittelproduktion weltweit aufgrund des Bevölkerungswachstums verdoppelt werden müsste, sei Biolandwirtschaft mit der relativ geringen Erhöhung der Artenvielfalt ein "Luxus", den man sich nicht leisten könne.

Die fruchtbarsten Gebiete müssten so intensiv wie möglich bewirtschaft werden, wobei stärker auf den Schutz der Artenvielfalt geachtet werden müsse, Biolandwirtschaft könne man eher auf weniger fruchtbaren Land machen, zudem sollte man die Folgen der Intensivlandwirtschaft dadurch kompensieren, dass mehr und größere Gebiete ausschließlich als Naturschutzgebiete ausgewiesen werden.

Der Schluss scheint allerdings ein wenig voreilig zu sein, da es noch immer sehr wenige biologisch bewirtschaftete Flächen und diese auch erst seit relativ kurzer Zeit gibt. Wenn sich die Biolandwirtschaft ausbreitet, könnte sich dadurch, wie die Studie ja auch gezeigt hat, insgesamt die Artenvielfalt erhöhen. Zudem wurden die Bodenorganismen in der Studie nicht berücksichtigt, ebenso wenig die Möglichkeit, dass die Erträge der Intensivlandwirtschaft sinken und deren Kosten zunehmen könnten. Und man könnte argumentieren, dass nicht die Verdoppelung der Lebensmittelproduktion zur Ernährung der Weltbevölkerung erforderlich sei, sondern eine Umstellung der Produktion - weniger Fleisch, kein Anbau zur Energiegewinnung -, und der Verteilung sowie eine Reduktion der im Abfall landenden Lebensmittel.