Der Geheimdienstagent ist ein homo ludens

Die Forschungsbehörde der US-Geheimdienste setzt auf "Serious Games", um die kognitiven Fähigkeiten der Analysten zu verstärken

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Am Anfang der Kultur stand das Spiel – und, so könnte man hinzufügen, auch der Kampf und der Krieg. Und weil womöglich der homo ludens auch einen besserer Kämpfer ist, sollten Soldaten ihre Leistungen doch möglichst mit Spielen verbessern – natürlich mit Serious Games, versteht sich.

Zumindest will die Intelligence Advanced Research Projects Agency ( IARPA), die die US-Geheimdienste nach dem Vorbild der Pentagon-Forschungsbehörde DARPA geschaffen haben, mit dem Sirius-Programm den spielenden Soldaten oder eher den spielenden Geheimdienstanalysten mit Spielen beglücken und dafür eine virtuelle Lernumgebung (VLE) schaffen, um zu sehen, welche Spiele bzw. welche Spieleigenschaften die besten kognitiven Lerneffekte mit sich bringen. IARPA wird Ende Februar das Programm vorstellen, um Vorschläge für multidisziplinäre Forschungsprojekte zu sammeln. Man stellt sich vor, dass bei den Forschungsprojekten Teams aus Sozial- und Computerwissenschaftler, Statistiker und Spiel- sowie VR-Experten teilnehmen.

Nach Ansicht der IARPA lernt man vor allem schnelle Entscheidungs- und Problemlösungsfähigkeiten in Spielen, wo sich einfache und schnelle heuristische Regeln für bestimmte Situationen lernen lassen, aber man auch sehen kann, welche Entscheidungen in die Irre gehen. Wenn erworbene Entscheidungsregeln die allgemeine Problemlösungskompetenz aber negativ beeinträchtigen, dann können sich systemische Fehler oder Wahrnehmungsfilter verstärken, Annahmen beeinflussen und Alternativen einschränken. Spiele könnten solche einseitigen oder verzerrenden Ausrichtungen, einen solchen kognitiven Bias, bemerkbar machen und verändern.

Bei der IARPA ist man nun interessiert, welche Spiele geeignet wären, die Problemlösung zu verbessern, indem bestimmte Neigungen korrigiert werden. Im Auge hat man etwa den Bestätigungsfehler, also dass man nur nach Informationen sucht, die die eigenen Vorannahmen bestätigen, den Anchoring Bias, bei dem seine Entscheidung zu stark auf eine Eigenschaft oder eine Information stützt, die Repräsentationsverzerrung, bei der man aufgrund von Ähnlichkeit Verbindungen herstellt, oder die Projektion setzt, bei der eigene Gefühle oder Gedanken einem anderen unterstellt. Das klingt schon fast, als würde man die Liebe zur Wahrheit fördern wollen, dabei sollen die "Aufklärer" natürlich nicht vorurteilsfrei und distanziert beobachten, sondern nur schneller und ungetrübter Bestimmtes bemerken und darauf reagieren können. Auch ein Computerspiel ist normalerweise kein kontemplativer Anschauungsprozess, sondern zielgerichtetes Wahrnehmen in beschleunigter Fahrt mit höchster Aufmerksamkeit.