Der Irre aus Nordkorea

Nordkorea und die Atombombe: Alles ein Familienproblem, versichert die Bild

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Das Regime in Nordkorea hat versucht zu demonstrieren, dass es Atomwaffen und Raketen hat, um mit diesen zumindest die Nachbarländer anzugreifen. Was die Diktatur unter dem Herrscher Kim Jong Il wirklich will, wenn es nun auch wieder einmal Kriegsdrohungen verkündet, ist Anlass zu Spekulationen.

Japan und Südkorea fühlen sich am stärksten von den Machtgesten bedroht. Angeblich bereitet sich auch Russland auf einen möglichen Nuklearschlag Nordkoreas vor. Das Gefängnisland, über das es kaum Informationen gibt, ist in der globalen Informationsgesellschaft ein Schwarzes Loch. Dafür sorgen drakonische Strafen. Ein klein wenig Überblick bieten Google-Satellitenbilder.

Immerhin weiß in Deutschland die Bild Bescheid und sagt ihren Lesern: BILD erklärt Kim Jong Il, der die Welt mit seiner Atombombe bedroht. Der Diktator ist mit seinen 67 Jahren nicht nur alt wie ein Greis, sondern vor allem irr- oder wahnsinnig. Dass er so ist, ist für Bild auch kein Wunder, sondern ganz folgerichtig, schließlich ist er "der Sohn eines Irren und einer bösen Stiefmutter". Keiner kann also dem Schicksal entrinnen, das von den Eltern festgelegt wird, da braucht man also auch nichts mehr zu erklären.

Die "kranke Logik" des Sohns eines Diktators ist eigentlich ein Allgemeinplatz, nämlich dass man gerüstet sein muss gegen Gefahren: "Kim Jong II weiß", so verrät die Bild ihren Lesern, "dass Waffen und Soldaten Sicherheit bedeuten. Im Koreakrieg (1950-1953, über 30 000 tote GIs) hielt die nordkoreanische Armee der Weltmacht USA stand. Kim Jong Ils kranke Logik: Nichts schützt seine Macht besser als die Bombe." Das hat er wohl den Atommächten abgeschaut, die möglicherweise auch einer kranken Logik folgen. Doch so viel Krankheit will selbst Bild nicht herbeibeschwören und versucht sich deshalb lieber an der Psychoanalyse des nordkoreanischen Diktators, der letztes Jahr einen Schlaganfall erlitten haben soll:

"Er spürt, wie die Macht langsam seinem schwachen Körper entrinnt – und will einen seiner Söhne zu seinem Nachfolger machen. „Er braucht die Atombombe als Errungenschaft seiner Amtszeit, um einem seiner Söhne die Macht im Staat zu vererben“, sagen US-Geheimdienstler. Es ist ein Vermächtnis, das die Welt erschaudern lässt."

Wir erschaudern also mit, wenn Bild ein Psychogramm des nordkoreanischen "Irren" entwirft. Aber wie geht man mit einem Irren um, der an den Schalthebeln der Macht sitzt? Egal, meint man bei Bild, ist eh alles nur ein Familienproblem und damit Aufgabe eines Therapeuten. Blöd nur, dass der keine Chance hat und der "Irre" weiter mit der Atmbombe wedelt.