EHEC-Infektionsquelle weiter unbekannt
Hamburgs OB Olaf Scholz warnt Bevölkerung vor EHEC
Nach Ausbreitung des toxischen Darmkeims EHEC bei Verzehr von Gurken, Tomaten und Blattsalat gibt es zumindest Entwarnung für die Hamburger Schulen. Doch bundesweit besteht immer noch Ansteckungsgefahr. Die auf 2 spanischen Gurken gefundenen EHEC-Erreger gehörten nicht dem Typ O104 an, der die Ursache für die Krankheit ist, so die Hamburger Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks. Zwar stehen noch zwei Proben aus, aber die offenbar noch aktive Infektionsquelle ist weiterhin unbekannt.
Spanien will wegen des entstandenen Schadens auf Schadenersatz klagen. Dem könnten sie womöglich deutsche Bauern anschließen, wenn die Erkrankung doch nicht von Gurken, Tomaten oder Salat ausgeht. Schließlich können die deutschen Bauern nach den Warnungen auch ihre Ernte kaum mehr verkaufen, zumal wenn es doch keine spanischen "Killergurken" gab, also die Infektionsquelle doch auch im Inland sein könnte. Das Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt in einer Mitteilung heute "weiterhin vorsorglich Tomaten, Salatgurken und Blattsalate nicht roh zu verzehren. Diese Hinweise, die insbesondere auf in Norddeutschland erhältliche Ware abzielen, haben Bestand, solange die Ermittlungen des Ausbruchsgeschehens andauern und die Quelle des Ausbruchs nicht gefunden wurde." Zudem wird gesagt, dass auch andere Lebensmittel verantwortlich sein könnten.
Die Hamburger SPD-Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks hat auf der Pressekonferenz im Hamburger Rathaus am Dienstag viele schlechte Neuigkeiten. Aber eine gute Nachricht gibt es dennoch: eine Schulklasse im Hamburger Bezirk Ottmarschen kann aufatmen. Die Schule kann den Unterricht wieder fortsetzen, da für die Schüler keine Ansteckungsgefahr mehr besteht. Einige Schüler hatten sich über den Verzehr von Rohkost, sprich Salatgurken, mit dem Darmkeim EHEC (Enterohämorrhagische Escherichia Coli), von denen schon 10 bis 100 Bakterien krank machen, angesteckt. Bis sich der Erreger im Körper festsetzt, vergehen drei bis zehn Tagen. Da die kritische Zeitperiode aber bereits überschritten wurde, können sich die Schüler untereinander nicht mehr infizieren, erklärte Prüfer-Storcks.
569 Hamburger erkrankt an EHEC
Bisher wurden in Hamburg 569 Fälle gemeldet, die mit dem Erreger infiziert wurden. Dies gab die Hamburger Behörde für Gesundheit am Dienstag bekannt. Von diesen werden augenblicklich 110 Fälle in den Hamburger Krankenhäusern auf die Folgeerkrankung HUS (hämolytisch-urämisches Syndrom) untersucht. Da Frauen öfter Salat essen, sind sie stärker betroffen und gefährdet als Männer. Bisher infiziert haben sich 20 Kinder zwischen 11 und 15 Jahren. Fünf Fälle sind auch bei Kleinkindern zwischen zwei und fünf Jahren aufgetreten, so die Bilanz der SPD-Gesundheitssenatorin.
Die Übertragung erfolgt meist durch Fäkalspuren auf Lebensmitteln. Selbst, wenn die Lebensmittel gut gewaschen werden, ist der Erreger mit Wasser nicht fortzuspülen. Die Erreger entstehen hauptsächlich im Kot von Schafen, Rindern und Ziegen, mit dem dann die Felder gedüngt werden. Eine Ansteckung mit dem Darmerreger kann aber auch von Mensch zu Mensch oder von Tier zu Mensch erfolgen. Die Darminfektionskrankheit tritt weltweit auf. Seit 1998 besteht eine Meldepflicht zumindest in Deutschland. Laborärzte müssen bei einem Hinweis die Behörden informieren.
Besonders betroffen sind bisher die Bundesländer Bayern, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen. Derzeit prüft auch Mecklenburg-Vorpommern das Gemüse. Die durch den Erreger in der Darmflora entstehenden Toxine können die Zellen der Darmwand und die Blutgefäßwände zerstören. Bei Ausbrechen der Krankheit ist aber auch mit Langzeit- sowie irreparablen Folgen für die Nieren und das Gehirn oder sogar der Tod zu rechnen. Die Einnahme von Antibiotika bekämpft die Erreger nicht wirksam, da damit das Ausscheiden der Bakterien verlängert wird. In schweren Fällen, beim Auftreten des Serotyps O104, sind auch Bluttransfusionen nötig.
Im Trinkwasser keine Gefahr
Auch in den USA ist der Erreger bereits aufgetreten. In Europa sind in zwei bis drei Ländern zu 66 Prozent Frauen an dem Erreger erkrankt, sagte Gesundheitssenatorin Prüfer-Storcks. Gelangt der Erreger in das Trinkwasser, besteht jedoch keine Ansteckungsgefahr, da die "Kläranlagen mit dem Erreger fertig werden", so die Senatorin in Hamburg.
Olaf Scholz gab sich am Dienstag sehr besorgt um die betroffenen EHEC-Patienten. Von einem Wendepunkt ist allerdings noch nicht auszugehen. Seit letzter Woche wird mit noch höheren Betroffenenzahlen gerechnet. "Doch der Senat arbeitet mit so viel Professionalität und Engagement, dass man mit dem Problem klarkommen wird", gab sich Scholz letztlich zuversichtlich.