EU kann sich nicht auf Stresstests für Atomkraftwerke einigen

Die Entscheidung wurde vertagt, die Kommission ringt darauf, auch menschengemachte Risiken einzubeziehen, vor allem Frankreich und Großbritannien sträuben sich

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Offenbar gibt es weiterhin Schwierigkeiten in der EU, sich auf die Kriterien eines "Stresstestes" für die Atomkraftwerke zu einigen. EU-weit sollen alle Meiler nach der Katastrophe von Fukushima auf ihre Sicherheit nach einheitlichen Maßstäben überprüft werden. Über die aber besteht keine Einigkeit. In 14 Mitgliedsländern gibt es 143 Atomkraftwerke.

Vor allem Frankreich und Großbritannien dringen, so wurde Anfang Mai bekannt, auf möglichst harmlose Tests, die die Menschen beruhigen, aber keine Einschnitte erforderlich machen. Obgleich der liberale britische Energieminister eigentlich ein Atomkraftgegner ist, scheint die britische Regierung, die gleichwohl auf den Bau neuer AKWs setzt, darauf gedrängt zu haben, dass die Ergebnisse lieber schon mal gar nicht veröffentlicht werden sollen. Zudem sollten die Berichte die nationalen Aufsichtsbehörden selbst verfassen und dann einem Peer-Review-Prozess unterzogen werden.

Eigentlich war vorgesehen, dass die nationalen Aufsichtsbehörden für Atomsicherheit der 27 Staaten (ENSREG) heute eine Entscheidung sollten. EU-Energiekommissar Oettinger teilte jedoch mit, dass die Entscheidung auf ein neuerliches Treffen am 19. und 20. Mai vertagt wurde. Oettinger sagte diplomatisch: "Inhalt ist wichtiger als Timing. Die Öffentlichkeit erwartet glaubwürdige Tests, die alle Risiken und Sicherheitsbedenken umfassen." Der Showdown findet nun also nächste Woche statt, die Kommission würde sich blamieren, wenn Frankreich und Großbritannien sich durchsetzen und nur Scheintests durchgeführt würden.

Streit besteht etwa darum, ob von Menschen verursachte Risiken, wie dies die Kommission will, in die Stresstests einbezogen werden sollen, wogegen sich eine Reihe von Regierungen stemmt, die die Sicherheit nur im Hinblick auf Naturkatastrophen wie Erdbeben, Überschwemmungen oder extreme Temperaturschwankungen überprüft sehen wollen. Würde man etwa Schutz vor Terroranschläge und Flugzeugabstürze einbeziehen, so müssten EU-weit eine ganze Reihe von alten Meilern abgeschaltet werden.

Die Kommission verlangt auch die Veröffentlichung der Ergebnisse, Atomkraftwerke, die den Anforderungen nicht genügen, müssen aufgerüstet oder abgeschaltet werden. EU-Kommissionspräsident Barroso hatte sich gerade erst noch hinter Oettinger gestellt und ebenfalls gefordert, dass auch menschengemachte Szenarien wie Bedienfehler, Flugzeugabstürze oder Terroranschläge einbezogen werden müssen.