EU statt Moskau

Nach einer mehrstündigen Debatte hat der tschechische Senat den EU-Reformvertrag gebilligt

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54 tschechische Senatoren stimmten für den EU-Reformvertrag, 20 dagegen. Die Abstimmung stieß auch in anderen EU-Ländern auf Interesse, weil eine Niederlage ausgerechnet in dem Land, das zur Zeit den EU-Vorsitz innehat, wäre eine große Blamage gewesen.

Bei der stundenlangen Debatte appellierte der Ende März durch ein Misstrauensvotum gestürzte konservative Ministerpräsident Mirek Topolanek an die Senatoren, den Vertrag nicht scheitern zu lassen. Es sei eine Wahl zwischen Moskau und der EU, erklärte der konservative Politiker. Damit traf er einen wunden Punkt in der heterogenen Front der tschechischen Gegner des EU-Vertrags. Dazu zählen auf der Linken die Kommunistische Partei, aber auch ein erklärter Wirtschaftsliberaler wie Vaclav Klaus. Der Präsident lehnt den Vertrag ab, weil ihm die EU zu dirigistisch ist, wie er Ende Februar in einer Rede vor dem EU-Parlament in Brüssel deutlich machte.

Obwohl das Parlament in Prag dem Abkommen bereits im Februar mit knapper Mehrheit zugestimmt hat, ist die tschechische Ratifizierung noch nicht gesichert. Der tschechische Präsident Vaclav Klaus muss das Dokument noch ratifizieren. Klaus hat in der Vergangenheit erklärt, er wolle zunächst die weitere Entwicklung in Irland abwarten. Dort war der Vertrag im letzten Jahr in einer Volksabstimmung abgelehnt werden. Da der EU-Vertrag nur in Kraft treten kann, wenn er von allen Staaten angenommen wird, kann er nicht in Kraft treten, so lange das irische Veto gilt.

Irische EU-Befürworter hoffen noch in diesem Jahr mit einem neuen Referendum das Hindernis beseitigen. Angesichts der Wirtschaftskrise, die Irland besonders stark trifft, hat sich tatsächlich die Zahl der EU-Befürworter in Umfragen erhöht. Die Abstimmung in Prag soll den Druck auf die irische Bevölkerung in diese Richtung erhöhen.