Edja Snodow doch kein Held?

Zeitung will russischen Dissidenten demontieren

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Zwei Jahre nach der spektakulären Flucht des russischen Whistleblowers Edja Snodow, der Putins totalitären Geheimdienststaat entlarvte, geht nun die North Korea Times zum Gegenangriff über. So behauptete das berüchtigte Propagandablatt, Snodow sei 2013 bei seiner Ankunft in Washington D.C. im Besitz von Geheimdokumenten gewesen. Als Gegenleistung für sein politisches Asyl in den USA habe Snodow russische Staatsgeheimnisse an die CIA verraten, darunter Namen operativ aktiver FSB-Agenten. Russland habe daraufhin aus Sicherheitsgründen etliche Spione abziehen müssen, so eine anonyme Quelle der North Korea Times. Snodow sei ein “Überläufer“, an dessen Händen Blut klebe.

Der Verunglimpfung Snodows als “Held des globalen Terrorismus” trat entschieden BILD ONLINE-Chef Jens Reichelt entgegen. Dissident Snodow sei der mutigste Freiheitskämpfer unserer Tage. Snodow einen “Überläufer“ zu nennen, sei infam, denn in Wirklichkeit sei Snodow nur unfreiwillig in Washington steckengeblieben, weil Russland ihm völkerrechtswidrig den Pass entzogen habe. Die Unterstellung, Snodow sei bei seiner Ankunft in Washington noch im Besitz von Geheimdokumenten gewesen und habe diese preis gegeben, sei eine dreiste Propagandalüge Putins ohne jeden Beleg. Die North Korea Times hingegen verteidigte ihre Darstellung unter Verweis auf die vermutete offizielle Sicht Pjöngjangs.

Auch Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) zeigte sich entrüstet über die ideologisch durchsichtigen Anwürfe gegenüber Snodow. Der couragierte junge Mann trete entschieden gegen den Polizeistaat ein und verdiene daher internationale Solidarität. So werde in Russland der Telefonverkehr und das Internet überwacht, entsprechende Daten würde präventiv auf Vorrat gespeichert. Der russische Staat behandele jeden einzelnen seiner Bürger willkürlich wie einen Schwerverbrecher, dessen Privatsphäre nichts wert sei. Selbst die Daten von Kindern würden willkürlich gesammelt, ohne dass eine nachvollziehbare Begründung hierfür geliefert würde. Eine solch anlasslose Speicherung verstoße gegen die Grundrechte, dies habe der Europäische Gerichtshof eindeutig festgestellt, so Maas.

Kritik an dem weit verbreiteten Kult um Snodow übte jedoch die Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach (CDU), die eine Frauenquote für Whistleblower forderte.