Geschwindigkeitsbegrenzungs-Querfront

Sigmar Gabriel und die Grünen sind für Tempo 120 auf Autobahnen – Peer Steinbrück und Peter Ramsauer nicht

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In einem Interview mit der Zeitung Rheinische Post bezeichnete der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel gestern die von den Grünen geforderte Einführung einer Höchstgeschwindigkeit von 120 Stundenkilometern auf Autobahnen als "sinnvoll". Anders als sein Wunsch-Koalitionspartner begründet er dies jedoch nicht mit energie- und klima-, sondern mit verkehrssicherheitspolitischen Argumenten: "Alle Unfallstatistiken" zeigen seiner Ansicht nach, "dass damit die Zahl der schweren Unfälle und der Todesfälle sinkt".

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) nahm die Steilvorlage seines politischen Konkurrenten dankbar auf und meinte, mit ihm werde es "ein generelles Tempolimit [...] nicht geben", denn Deutschlands Autobahnen gehörten mit einem 32,2-prozentigen Anteil an der "Gesamtfahrleistung" und einem Personenschadensunfallanteil von lediglich 6,5 Prozent "zu den sichersten Straßen". Dort wo Tempolimits angebracht seien – nämlich auf etwa 40 Prozent des Autobahn-Streckennetzes – habe der Bund ohnehin schon gehandelt und sie dauerhaft oder zeitweise eingeführt. Die "folgenschwersten Unfälle" mit "rund 60 Prozent der Verkehrstoten" ereigneten sich der aktuellen Statistik des Bundesverkehrsministeriums nach auf Landstraßen.

Mehrere Politiker aus CDU und FDP stimmten Ramsauers Erwiderung öffentlich zu. Doch nicht nur von dort muss sich Gabriel Kritik anhören, sondern auch aus der eigenen Partei: Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sagte dem Westdeutschen Rundfunk (WDR), er sehe "keine Veranlassung" die seiner Ansicht nach zwanzig Jahre alte Debatte "zu aktivieren". Er halte ein generelles Tempolimit auf Autobahnen nicht für sinnvoll und stehe in diesem Punkt "im Widerspruch" zu seinem Parteichef. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hatte sich bereits am 6. Mai in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) als leidenschaftliche Autofahrerin geschildert, die gerne aufs Gaspedal drückt.

Ein anderer Sozialdemokrat, der rumänische Ministerpräsident Victor Ponta, bereicherte die Debatte gestern um eine neue Idee, wie die Staatsmacht bestehende Tempolimits besser durchsetzen könnte: Er sprach sich dafür aus, die Fahrzeuge von Rasern zu beschlagnahmen und zugunsten der Staatskasse zu versteigern. Zu dieser Idee, so der bereits vorher umstrittene Politiker, werde er auch dann noch stehen, wenn sie ihm sein Amt kosten sollte.