Hat die EU zu spät bei Luftraumsperren gehandelt?

Insgesamt wird das Krisenmanagement hart kritisiert und der Bundesverkehrsminister kommt schwer unter Druck

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Die Lufträume über Europa sind inzwischen wieder weitgehend geöffnet, doch nun geht die Debatte darum los, welche Fehler gemacht wurden und wer für die Kosten aufkommen soll. Vor allem vom Nachbar Frankreich wird der spanische Ratspräsidentschaft vorgeworfen, viel zu spät gehandelt zu haben. Der französische Staatsekretär für Transport Dominique Bussereau erklärte, die Koordination unter den EU-Ländern hätte früher beginnen müssen.

Fünf Tage habe es ab den ersten Schließungen von Flughäfen wegen der Aschewolke gedauert, bis am vergangenen Montag ein gemeinsames Vorgehen in der EU abgestimmt wurde und in der Folge wieder Flüge zugelassen wurden. Frankreich dauerte das zu lange, weshalb sich Bussereau an seinen spanischen Kollegen José Blanco und einige Verkehrminister von Mitgliedstaaten gewendet habe, um schon am Samstag eine Videokonferenz zur Koordinierung zu schalten. Er räumte allerdings ein, um die spanische Ratspräsidentschaft und den zuständigen EU-Kommissar zu entlasten, "dass einige Minister von großen Ländern wegen ihrer Innenpolitik keine Eile hatten". Ausdrücklich weigerte sich der Franzose die der Bremser zu nennen.

Einen Hinweis darauf, dass wohl auch Deutschland angesprochen war, lieferte EU-Kommissar Siim Kallas, der die Kritik an einem verspäteten Handeln zurückwies. "Es ist offensichtlich, dass in einigen Staaten bald Wahlen anstehen", wies er im Europaparlament auf die Innenpolitik in einigen Ländern hin. Da sind eben die baldigen Wahlen in Großbritannien, Pole,n den Niederlanden und der bedeutsame Stimmungstest für die Berliner Regierungskoalition, der demnächst im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen stattfindet und bei dem mit harten Bandagen gestritten wird.

Mit der Diskussion um die Fragen, ob die Sperrungen in dieser Form und für den Zeitraum angemessen sind, geht nun auch die Debatte um die Kosten einher. Geschätzt wird, dass den Fluggesellschaften die Sperrungen der Lufträume insgesamt fast 1,3 Milliarden Euro gekostet hätten. Die Internationalen Luftfahrtvereinigung IATA meint, die finanziellen Auswirkungen seien härter als nach den Anschlägen vom 11. September in den USA. So spricht nun vieles dafür, dass erneut der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird. Sowohl die Lufthansa als auch Air Berlin stellen Finanzhilfen zur Debatte. Subventionen dürften allerdings nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führen. Ein fairer Interessensausgleich scheine aber angesichts einer solchen Naturkatastrophe notwendig. Die EU-Kommission hat schon am Montag grundsätzlich den Weg dafür frei gemacht, allerdings müssten die Mitgliedsstaaten die Initiative ergreifen und die Anträge dafür stellen.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) musste sich heute in einer Regierungserklärung zu Wort melden. Er ist schwer unter Druck gekommen, weil die Opposition ihm ein katastrophales Krisenmanagement vorwirft. Zu der Frage von Geldhilfen für die Airlines äußerte sich Ramsauer nicht, er wies aber alle Kritik an seinem Krisenmanagement zurück. Man habe auf eine "historisch einmaliges Phänomen" reagieren müssen. "Es war deshalb bei Vorliegen erster Erkenntnisse absolut richtig und auch alternativlos, unverzüglich Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen". Die Sicherheit müsse immer an allererster Stelle stehen.

Doch genau deshalb ist für viele nicht nachvollziehbar, warum nach der Videokonferenz am Montag trotz des allgemeinen Flugverbots wieder Sichtflüge erlaubt wurden. Schließlich zeichnet sich die Aschewolke eben dadurch aus, dass sie meist nicht sichtbar ist. So meinte auch Matthias Gründer, Redakteur der Zeitschrift Flug-Revue, es sei "völliger Quatsch", dass ein kontrollierter Sichtflug sicherer sei als ein Instrumentenflug sei. Insgesamt sei "chaotisch und hektisch gehandelt" worden und dabei sei viel "Lärm um Nichts" gemacht worden. Der Bundesverkehrsminister und seine Beamtenschaft hätten "vollkommen versagt". Die Krise sei nicht gemanagt, sondern verwaltet worden.