Hitzewelle: Neuer Temperaturrekord in Deutschland

Was nächste Woche kommt ist ungewiss. Über den Unterschied von Wettervorhersage und Klimaprojektion

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) meldet für Sonntag einen neuen absoluten deutschen Temperaturrekord. Am Sonntagnachmittag sei in der Station Kitzingen eine Lufttemperatur von 40,3 Grad Celsius registriert worden. Der bisherige Rekord betrug 40,2 Grad Celsius und wurde erstmalig 27.07.1983 in Gärmersdorf bei Amberg (Oberpfalz) aufgestellt. Danach wurde der alte Rekord noch einmal am am 09.08.2003 in Karlsruhe und am 13.08.2003 in Freiburg und Karlsruhe erreicht.

Nach der kurzen Pause am heutigen Montag wird es morgen noch einmal in weiten Teilen Deutschlands richtig heiß. Erst zur Mitte des Woche gibt es dann eine Abkühlung. Allerdings könnte auch das sich nur als Intermezzo erweisen, denn die Langfrist -Vorhersage lässt am Wochenende für ganz Mitteleuropa schon wieder neue Hitze erwarten. Vorhersagen über sechs oder sieben Tage sind jedoch mit einem relativ großen Unsicherheitsfaktor behaftet.

Da mag sich die geneigte Leserin, der geneigte Leser fragen, wieso man denn das Klima für 100 oder noch mehr Jahre vorhersagen kann, aber beim Wetter nur sehr unpräzise Aussagen über die nächste Woche hinbekommt. Immerhin handelt es sich ja um das gleiche atmosphärische System, das mit sehr ähnlichen Modellen beschrieben wird, oder?

Mal davon abgesehen, dass die Klimamodelle unter anderem auch die Wechselwirkung mit den Ozeanen und der Landoberfläche berücksichtigen, handelt es sich vor allem um Unterschiede in der Mathematik. Das Wettermodell trifft Vorhersagen über einen bestimmten Zustand der Atmosphäre zu konkreten Zeitpunkten und an bestimmten Orten. Mathematisch gesehen ist das ein Anfangswert-Problem.

Praktisch bedeutet das, dass ich einen möglichst detaillierten und präzisen Überblick über die Ausgangssituation brauche, um die Entwicklung der nächsten Tage vorhersagen zu können. Dafür ist ein engmaschiges Netz von Messstationen, rasche internationale Datenübertragung, normierte Messverfahren und -zeitpunkte, große Rechnerleistung und freier Zugang zu den Daten zumindest für die nationalen Wetterdienste nötig. Und natürlich ein weltweites Heer von diszipliniert messenden und beobachtenden Mitarbeitern.

Da die Atmosphäre ein chaotisches System ist, gibt es enge theoretische Grenzen für die Vorhersagbarkeit. Geringfügige Abweichungen in den Anfangsbedingungen führen über längere Zeit zu beliebig großen Unterschieden im Zustand des Systems, die nur durch die klimatischen Rahmenbedingungen begrenzt sind. Die Meteorologen sprechen davon, dass der Flügelschlag eines Schmetterlings in New York das Wetter in Westeuropa bestimmt. Theoretisch liegt die Reichweite von Wettervorhersagen irgendwo bei rund zwei Wochen, praktisch wäre dafür aber wohl noch ein viel engeres Messnetz nötig.

Im Gegensatz dazu treffen Klimamodelle Aussagen über den mittleren Zustand der Atmosphäre an einem beliebigen Ort (der sich dann je nach Zweckmäßigkeit über Regionen oder auch den Globus mitteln lässt). Mathematisch gesehen handelt es sich um ein Randwertproblem. Das heißt, das Klima lässt sich berechnen, wenn die Rahmenbedingung (Sonneneinstrahlung, Vulkanausbrüche, Verteilung der Kontinente, Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre etc.) bekannt sind.

Genau genommen treffen Klimamodelle entsprechend auch keine Vorhersagen, sondern sie erstellen Projektionen; sie treffen Wenn-dann-Aussagen. Klimamodelle berechnen zum Beispiel für angenommene Szenarien der Zunahme der Treibhausgase das dazugehörige Klima. Welche Szenarien letztlich eintreten, ist dabei natürlich eine politische und wirtschaftliche Frage und kann von keinem Klimamodell vorhergesagt werden.

Um es auf einen griffigen Punkt zu bringen. Die Wettervorhersage kann uns nicht sagen, wie warm es Mittwoch in einer Woche in Frankfurt am Main sein wird, aber Klimastatistik und -modelle versichern uns, dass Schnee für nächste Woche extrem unwahrscheinlich ist.