Humala gewinnt Perus Präsidentschaft im zweiten Anlauf

Linksgerichteter Kandidat setzt sich mit knapper Mehrheit gegen Rivalin Keiko Fujimori durch. Ehemaliger Militär verfolgt reformorientiertes Sozialprogramm

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In Südamerika hat sich eine weitere Nation vom Neoliberalismus abgewendet: Mit dem Sieg des Linksnationalisten Ollanta Humala bei der Stichwahl am Sonntag gesellt sich nun auch der Andenstaat an der Westküste Südamerikas zu den Ländern, die anstelle des unkontrollierten Freihandels mit den Industriestaaten des Nordens auf eine Integration der regionalen Märkte und die Zusammenarbeit mit dem Süden setzen. Auch außenpolitisch wird das Ergebnis der Abstimmung Folgen haben. Peru war unter der scheidenden Regierung einer der letzten Bündnispartner der USA in der Region.

Der Vorsprung Humalas gegenüber seiner Gegenkandidatin Keiko Fujimori war bis zuletzt denkbar knapp. Nach Auszählung von knapp 90 Prozent der abgegebenen Stimmen lag der ehemalige Militär Humala bei fast 51 Prozent. Die Tochter des ehemaligen Staatschefs und inhaftierten Straftäters Alberto Fujimori lag bei gut 49 Prozent. Damit ist es Humala gelungen, sich gegen eine massive Kampagne privater Medien - in Peru war vom "schmutzigen Wahlkrieg" die Rede - durchzusetzen.

Um seinen Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen, hatte Humala im Wahlkampf vor allem versucht, seine politische Eigenständigkeit zu betonen. Nachdem er sich im vergangenen Wahlkampf eng an dem politischen Modell des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez orientierte, distanzierte er sich nun von dessen Regierung. Humalas politische Gegner versuchten indes, dieses Bild mit Hilfe einer massiven Medienkampagne zu stärken. So wurde mehrfach behauptet, der Kandidat habe Millionenmittel aus Venezuela erhalten.

Anfang April machte im Netz ein Interview die Runde, das von der "deutschen Journalistin Ulrike Baader" geführt worden sein soll. Darin fanden sich angebliche Bezüge Humalas zu Chávez und eine ganze Reihe nahezu skurriler Aussagen ("Alle Küstenbewohner Perus sind schwul"). Kurz vor der Wahl noch versuchten mutmaßliche Anhänger Fujimoris die Stimmung mit manipulierenden Telefonumfragen zu beeinflussen. Solche Initiativen landeten jedoch umgehend im Internet und trugen dort zu einer Debatte bei, die von den politisch klar gegen Humala positionierten Privatmedien zensiert wurde.

Angesicht der erheblichen Polarisierung in Peru setzte Humala nach seinem Sieg in der Nacht zum Montag auf Zurückhaltung. Er wolle eine "Regierung der Versöhnung" bilden, sagte der Kandidat der Linksallianz "Gana Peru" (Peru gewinnt). Unter seiner Präsidentschaft werde Peru eine offene und marktorientierte Wirtschaft haben, zugleich werde seine Regierung jedoch die Binnenökonomie stärken, zitiert der lateinamerikanische Fernsehsender Telesur Humala. Auch der Ausbau der Sozialsysteme und die Zusammenarbeit mit anderen Staaten der Region stehen von nun an auf der Agenda des Landes.

Ollanta Humala wird am 28. Juli die Präsidentschaft von Amtsinhaber Alán García übernehmen. Zu den ersten Gratulanten gehörten die Präsidenten von Chile, Sebastián Piñera, Bolivien, Evo Morales, der ehemalige peruanische Staatschef Alejandro Toledo und der Schriftsteller Mario Vargas Llosa.