In den USA wird Zunahme der Langzeitarbeitslosen befürchtet

Was machen, wenn auch Wirtschaftswachstum nicht zu mehr Arbeitsplätzen führt?

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Die USA sind trotz einiger Anzeichen für eine wirtschaftliche Erholung mit einem Wachstum konfrontiert, der nicht genügend neue Arbeitsplätze schaffen wird. Millionen von Menschen, so die New York Times, seien mit einem Leben in Armut und ohne soziale Unterstützung konfrontiert, betroffen könnten auch viele aus der Mittelschicht sein, die durch die Finanzkrise erstmals ihre Jobs verloren haben – vielleicht auf Dauer.

6,3 Millionen Menschen, so viel wie seit 1948 nicht mehr, als man mit der Zählung begonnen hatte, seien bereits ein halbes Jahr und länger arbeitslos. Und im April werden 2,7 Millionen Menschen ihre Arbeitslosenunterstützung verlieren, wenn der Kongress diese nicht nach dem Willen des Weißen Hauses verlängert. Weil man in den USA nur ein bisschen auf sozialstaatliches Helfen und viel auf zwingendes Fördern setzte, gibt es gerade nur einmal ein halbes Jahr Arbeitslosenunterstützung. Wer dann nichts gefunden hat, steht schlecht da.

15 Millionen Menschen sind in den USA arbeitslos, und eigentlich müssten monatlich 100.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um allein die Menschen, die neu in den Arbeitsmarkt eintreten, zu beschäftigen. Besonders erwischt es die weniger gut ausgebildeten Menschen – wie überall in den Industrieländern. Aber es sind auch die Angestellten, die unter der Computerisierung und dem Outsourcing unter die Mühlen geraten. Und in dieser Krise gehören zu den Verlierern auch die Männer, deren Anteil unter den Langzeitarbeitslosen wächst, dazu die Frauen über 45 Jahren.

Nach der New York Times verändert sich nun auch der US-Arbeitsmarkt drastisch. Wirtschaftswachstum koppelt sich von der Zunahme an Arbeitsplätzen ab. Es dauert nach jeder Krise länger, bis die Zahl der verschwundenen Arbeitsplätze wieder geschaffen wird. Früher hätten vor allem die drei Branchen Autos, Bau und Banken für Arbeitsplatzzuwachs gesorgt, alle drei sind aber nun in der Krise. Da helfen dann auch keine Zwangsmaßnahmen durch Verkürzung der staatlichen Leistungen mehr. Auch wer will, findet, zumal wenn er einer Risikogruppe angehört (Alter, Ethnie, Ausbildung …) keinen Job mehr – oder oft nur solche, die ihn zum working poor machen. Das in den USA sowieso schmalere soziale Netz ist in den letzten Jahrzehnten noch weiter demontiert worden. Nur zwei Drittel der Arbeitslosen beziehen überhaupt Arbeitslosenhilfe.

Während manche Politiker Langzeitarbeitslose als Ballast und Faule stigmatisieren, als Parasiten, die sich von anderen durchhalten lassen und einen "anstrengungslosen Wohlstand" genießen, müssten sich die Gesellschaften langfristig eher Gedanken machen, wie sie damit zurecht kommen, dass eine wachsende Schicht an Menschen auf Dauer keine Chancen hat, Jobs zu finden, mit denen sie ohne staatliche Hilfe leben können. Ein Mindestlohn mag zwar den Lohnabstand verbessern, wird aber am Problem nicht wirklich etwas ändern. Steuert man in Richtung Verelendung, also in Dritte-Welt-Verhältnisse, stellt also ganz um auf "Eigenverantwortung", oder behält man bei, dass durch eine Form der solidarischen Umverteilung ein menschenwürdiges Leben, wenn auch am unteren Rand, auch für diejenigen möglich sein soll, die keine Jobs finden können – oder wollen. Natürlich wird es immer Menschen (Trittbrettfahrer) geben, die sich im sozialen Netz einrichten, ebenso wie es Wohlhabende gibt, die gleichfalls Parasiten sind und der Gesellschaft möglichst mit allen legalen und illegalen Tricks die Mittel entziehen. Auch das Versprechen, mit höherer Bildung alles lösen zu wollen, ist leer, nicht alle können bei aller Förderung mithalten – und sind dafür auch nicht zur Verantwortung zu ziehen, weil die Lotterie einsetzt, bevor sie etwas entscheiden können.