"Indiana Jones"-Premiere in Cannes

Mediencircus in Cannes und ein Text ohne Spoiler.

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull, der vierte "Indiana Jones"-Film von Steven Spielberg, ist der Höhepunkt für die diesjährige Spektakelgesellschaft beim Festival von Cannes. Der Hype um die Weltpremiere am Sonntag hatte an den letzten Tagen endgültig groteske Züge erreicht. Jetzt ist der Geist aus der Flasche, die Katze aus dem Sack. Und das Gefühl beim Zuschauer ähnelt ein wenig dem nach einem Weihnachtsfest, bei dem die erwartete Bescherung zwar stattfand, die ganz tollen Geschenke dann aber doch in letzter Minute ausgeblieben sind.

Der Mann mit Bullenpeitsche, Schlapphut und coolen Sprüchen ist zurück. Gut. In 124 Minuten erlebt man einen kurzweiligen Anfang, der sich dann doch immer weiter dehnt, bevor der Film dann ansatzweise eine Handlung entwickelt. Die wird zunehmend abstrus, und je nachdem, ob man Esoteriker ist, an Aliens glaubt, Erich von Däniken schätzt, gern auf Pyramiden klettert oder das "Festival des archäologischen Films" in Athen besucht, kann man dem Ganzen etwas abgewinnen, oder nicht.

Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull von Steven Spielberg lief außerhalb des Wettbewerbs
Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull von Steven Spielberg

Eins aber lässt sich, wenn man die Eindrücke zwischen menschenfressenden roten Ameisen und kleinen grünen Männchen geordnet und einmal durchgeatmet hat, sagen: "Indiana Jones and the Kingdom of the Crystall Skull" ist ein Film, bei dem kein Zuschauer Angst vor Spoilern in Texten haben muss - denn es gibt in diesem Film einfach keine Überraschungen. Auch wenn ihm offensichtlich schon längst die Ideen ausgegangen sind, denkt Produzent George Lucas laut Ain't It Cool bereits jetzt über eine Fortsetzung nach – der Zirkus geht weiter.

Analog dazu entfaltete "Indiana Jones" auch einen Medienzirkus, der in Cannes, dem wichtigsten Filmfestival der Welt, das zwar großer Markt und Geldmaschine ist, sich aber um so mehr der Kunst und dem Autorenfilm loyal fühlt, ein Fremdkörper blieb. Auch dieses Festival braucht den Auflauf, aus dem sich eine wunderbare Fallgrube für die gesammelte Yellow-Press bauen lässt. Insofern funktioniert die jetzige Weltpremiere ziemlich genau so, wie der Bauch der schwangeren Angelina Jones, der hier gerade erst ohne Film und unsichtbaren Anlass über den roten Teppich gerollt wurde: Ein leeres Zeichen, das vor allem an der Bedeutung des Festivals selbst arbeitet.