Klimagesetz: Karlsruhe muss erneut entscheiden
Junge Klimaschützer ziehen erneut vors Bundesverfassungsgericht, weil sie den Klimaschutz für unzureichend halten
Die Deutsche Umwelthilfe unterstützt eine erneute Verfassungsbeschwerde von neun Jugendlichen und jungen Erwachsene gegen das Bundesklimaschutzgesetz, wie die Organisation auf ihrer Webseite mitteilt. Auch in seiner novellierten Form reiche das Gesetz nicht, "um die nationalen Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten".
"Alleine in den letzten zwei Jahren – seit ich mit der Deutschen Umwelthilfe und anderen Jugendlichen die erfolgreiche erste Verfassungsbeschwerde gegen die Bundesregierung eingereicht habe – spüren wir die Klimakrise immer deutlicher, mit Hitzesommern und Flutkatastrophen."
Marlene, 13-jährige Beschwerdeführerin aus München
Wie berichtet, hatte das Karlsruher Bundesverfassungsgericht im April 2021 festgestellt, dass die bis dahin im Klimagesetz für dieses Jahrzehnt vorgesehenen Emissionen so hoch sind, dass nach 2030 sehr viel mehr Klimaschutz betrieben werden müsste. Dadurch würde der Gesetzgeber die Freiheitsrechte künftiger Generationen einschränken.
Die Bundesregierung hatte daraufhin in aller Eile eine Gesetzesnovelle vorgelegt, um das ihr unangenehme Thema möglichst aus dem Bundestagswahlkampf herauszuhalten.
Doch der nun etwas ehrgeiziger gestaltet Fahrplan ist noch immer vollkommen unzureichend. In Anlage 2 des Klimaschutzgesetzes sind die Emissionen aufgelistet, die in den einzelnen Sektoren in den nächsten Jahren noch zulässig sind, aber die neue Regierung hat bereits durchblicken lassen, dass die Ziele in den nächsten Jahren noch nicht eingehalten werden.
Dabei summieren sich die Emissionen, die man sich in diesem Jahrzehnt genehmigen will, auf 6,3 Milliarden Tonnen CO₂ und andere Treibhausgase auf. Oder auch noch auf etwas mehr, denn die Vorgaben für die Energiewirtschaft sind besonders schwammig gehalten. Telepolis hatte im Mai letzten Jahres vorgerechnet, dass das Deutschland noch zustehende Budget bestenfalls noch die Hälfte beträgt.
Das sehen die Kläger ähnlich. Remo Klinger, der die Verfassungsbeschwerde juristisch betreut, meint dazu, dass sich die Bundesregierung nicht an das aus naturwissenschaftlicher Sicht Notwendige halte, wie es Karlsruhe gefordert habe.
"Dazu hat Deutschland das ihm zustehende Budget zur Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens zu beachten. Dies hat man wieder nicht getan. Die Zielsetzungen sind weiterhin zu niedrig, um auch nur ansatzweise dem Pariser Abkommen gerecht zu werden."
Remo Klinger, Umweltanwalt
Auch anderswo wird in letzter Zeit immer öfter der juristische Weg im Kampf gegen Konzerne und untätige Regierungen beschritten, die den Klimawandel nicht ernst genug nehmen. In den Niederlanden hatte im Mai 2021 ein Gericht den Ölmulti Royal Dutch Shell verurteilt, seine Emissionen zu reduzieren. Kurz darauf forderte im Juni ein australisches Bundesgericht die dortige Regierung auf, mehr für den Klimaschutz zu unternehmen.
In Deutschland sind in Karlsruhe unter anderem gegen Niedersachsen, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Brandenburg Klimaklagen in Karlsruhe anhängig, wie Telepolis hier und hier in den letzten Monaten berichtet hat.