Klimaschutz: Regierung zur Vorsorge verpflichtet

Schaurig-schöne Wüstenregionen sollten sich nicht endlos ausdehnen, meinen Klimaschutzbewegte - und Gerichte. Foto: cocoparisienne auf Pixabay / (Public Domain)

Australisches Bundesgericht stellt fest, dass die Regierung eine Verpflichtung gegenüber künftigen Generationen hat. Ein Kohlekonzern interpretiert das auf seine Weise

Über effektiven Klimaschutz wird immer öfter vor Gericht verhandelt. Nun hat auch in Australien ein Gericht, und zwar ein Bundesgericht, die dortige Regierung verurteilt, mehr für den Klimaschutz zu tun. Das meldet unter anderem die britische Zeitung Guardian.

Geklagt hatten demnach acht Teenager und eine 86-jährige Nonne, um die Ausweitung der Vickery-Kohlegrube im Bundesstaat New South Wales, einem Tagebau für Steinkohle, zu verhindern. Der Richter habe zwar den Erlass einer einstweiligen Verfügung abgelehnt, aber deutlich gemacht, dass das zuständige Ministerium eine Verpflichtung zur Vorsorge habe, um künftigen Schaden durch den Klimawandel für besonders gefährdete Menschen und nachwachsende Generationen zu vermeiden.

Bevor ein endgültiges Urteil über die Erweiterung des Tagebaus gefällt wird, sollen aber noch Expertenmeinungen und der Standpunkt des Ministeriums eingeholt werden. Die Vertreter der Kläger feiern es jedoch laut Guardian als wichtigen Sieg, dass das Gericht die Regierung zur Vorsorge verpflichtet.

Tagebaubetreiber Whitehaven Coal zeigt sich unterdessen in einer Erklärung zufrieden und in seiner Auffassung bestätigt, dass seine "hochwertige Kohle" zum Klimaschutz beitrage. Über Letzteres wird das Gericht allerdings erst im weiteren Verlauf des Verfahrens befinden.

Mehr Klimaklagen

Der australische Richterspruch ist nur einer von vielen. Gerichtsverfahren über Klimaschutz nehmen weltweit zu. Zu diesem Ergebnis kommt ein am Mittwoch in Nairobi veröffentlichter Bericht des UN-Umweltprogramms Unep.

Demnach hat sich die Zahl entsprechender Verfahren in den letzten drei Jahren verdoppelt. Klimaklagen würden häufiger und erfolgreicher. 2017 seien in 24 Ländern 884 entsprechende Verfahren angestrengt worden, 2020 seien es bereits 1550 in 38 Ländern gewesen.

Der überwiegende Teil davon werde noch immer in den reichen Ländern eingereicht, aber zuletzt sei auch vor indischen, kolumbianischen, peruanischen, philippinischen, pakistanischen und südafrikanischen Gerichten über Klimaschutz verhandelt worden.

In der EU sind die jüngsten Beispiele das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das Ende April dem hiesigen Gesetzgeber Eingriff in die Freiheitsrechte künftiger Generationen wegen mangelhaftem Klimaschutz vorwarf und ein niederländisches Urteil, das erst in dieser Woche Royal Dutch Shell verurteilt, bis 2030 seine Treibhausgasemissionen um 45 Prozent zu vermindern.

"Game Changer"

Zu diesem nun bei den Gerichten ankommenden Wandel des gesellschaftlichen Klimas beigetragen haben vermutlich vor allem die seit nun 145 Wochen anhaltenden Proteste der Schulstreikbewegung Fridays for Future.

Der bekannte US-Klimawissenschaftler Michael Mann bezeichnet die jugendlichen Klimaschützerinnen und -schützer in seinem neuen Buch "The New Climate War" als die "Game Changer", auf die viele, wie er, gewartet hätten. Am Donnerstag hat er im Rahmen der Leipziger Buchmesse aus seinem Buch vorgelesen.

Die Jugendbewegung macht unterdessen weiter. Am Freitag gab es unter anderem Aktionen im neuseeländischen Wellington oder vor Total-Tankstellen in Uganda, um gegen den Bau einer neuen Pipeline des französischen Ölkonzerns Total zu protestieren. Unterstützung für die Pipeline-Gegnerinnen und -gegner gab es auch auf den Philippinen.