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Der Sohn von David Bowie dreht mit "Moon" einen richtig guten politischen Science Fiction-Film

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Es scheint ein wenig offensichtlich, wenn Duncan Jones der Sohn von David Bowie, welcher als Interpret von "Space Oddity" (im deutschen Volksmund besser bekannt unter "Major Tom") erste Erfolge feiern durfte, als Spielfilmdebüt ein Astronautendrama dreht. Nach Aussage von Jones ist aber der Film nicht an das Lied gebunden. Jedoch sind Vater und Sohn große Science Fiction-Fans und die Idee für den Film als eine Hommage an die Klassiker des Genres wurde aus der Faszination dafür (und der Lektüre des Buches "Entering Space" von Robert Zubrin) geboren.

Wie Historienstreifen die Vergangenheit aus dem Licht der Gegenwart deuten (wir erinnern z.B. an den Pornofilm für christliche Leidensfanatiker, "Die Passion Christi" von Mel Gibson, in dem die brutalen Römer-Krieger in Auftreten und Optik starke Parallelen mit amerikanischen Besatzungssoldaten aktuellen Zuschnitts aufweisen) , so plaudern Sciene Fiction-Filme bisweilen mehr über die Zeit ihres Entstehens aus, als über die projektierte Zukunft. Z.B. wird in "Alien. Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt", welcher 1979 in der Morgendämmerung des Thatcherismus und der Reaganomics gedreht wurde, die Unterordnung des Einzelnen unter die Interessen eines Global Players zum Gegenstand gemacht, der wegen der Aussicht auf Extraprofit nicht nur willentlich das Leben seiner Angestellten drangibt, sondern auch bedenkenlos die ganze Welt gefährdet.

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(Bild: Sony Pictures)

In dieser marktdominierten Zukunft ist kein einziges Problem der Vergangenheit gelöst. Im Gegenteil diese sind noch schlimmer geworden: die kapitalistische Entfremdung, die Klassengrenzen, die Geschlechterfrage, die gewalttätigen Beziehungen der Menschen, Isolation, Einsamkeit. In Deutschland zeigte sich erst seit der Regentschaft Schröders und Fischers, wie der als Horrorstreifen getarnte Anti-Globalisierungs- und -Privatisierungsfilm als künstlerische Vorwegnahme einer dunklen Zeit im gesteigerten Kapitalismus recht behalten hat. Wie man sich vorstellen kann ist aus dem Science-Fiction-Film "Moon" von Duncan Jones, der letztes Jahr produziert wurde, auch kein fröhlicher Film geworden. Das Drehbuch könnte auch aus der Feder von Naomi Klein stammen:

"Das Buch ("Entering the world", RJ) hat mich wirklich beeindruckt. Mir wurde klar, dass der erste Schritt zur Besiedelung des Weltraums nicht aus wissenschaftlicher Neugier getan werden würde, sondern aus Profitgier. Ich dachte über den Interessenkonflikt nach, der dabei auftreten könnte: Natürlich würde jede Firma versuchen, mit dem geringsten Aufwand ein Maximum an Rohstoffen aus einem solchen Experiment herauszuholen, so wie man Geschäfte eben macht. An einem fremden Ort also, ohne Beobachter, ohne Menschenrechtsgruppen, ohne Kontrolle über die Arbeitsbedingungen - wie weit würde ein Unternehmen gehen, um seine Kosten zu senken?" (Duncan Jones)

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(Bild: Sony Pictures)

Der Film, der morgen in den deutschen Kinos anläuft, beginnt mit einem kurzen Werbespot: In nicht allzu ferner Zukunft sind die Ressourcenprobleme auf der Erde gelöst, weil ein multinationaler Konzern mit Namen Lunar Industries das Edelgas Helium-3 auf dem Mond abernten und per Raumkapseln auf die Erde transportieren lässt. Diese Arbeit geschieht weitgehend mechanisch und so befindet sich nur eine Person, der Astronaut Sam Bell (Sam Rockwell) auf der Mondbasis. Sam steht kurz vor der Erfüllung des 3-Jahres-Vetrages mit dem Unternehmen, dreht aber aufgrund der starken Isolation immer mehr durch. Er bekommt starke Kopfschmerzen und sieht hin und wieder eine junge Frau durch die Raumstation geistern. Schließlich verliert er bei einem Unfall das Bewusstsein.

Er wacht auf der Krankenstation auf und erlauscht ein Direktgespräch des Bordcomputers mit seinen Arbeitgebern, welche ihn instruieren, den Astronauten auf keinen Fall nach draußen zu lassen. Stutzig geworden, begibt sich Sam auf die Helium-3-Felder und entdeckt in einem umgestürzten Mondfahrzeug einen Verletzten. Er bringt ihn auf die Raumstation und es stellt sich heraus, dass der Verletzte er selbst ist.

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(Bild: Sony Pictures)

Nach einer Zeit gegenseitigen Misstrauens beginnen die beiden Astronauten, die offizielle Begründung für ihre Tätigkeit auf dem Mond zu hinterfragen und nach den wahren Begebenheiten zu forschen. Sie erfahren dabei, dass sie Exemplare einer ganzen Klon-Serie eines längst auf die Erde zurückgekehrten Astronauten sind, die mit gefälschten Erinnerungen ihren Job auf der Mondbasis versehen, jeweils aber kurz vor Ablauf der Dreijahresfrist sterben und mit einem neuen Klon ausgetauscht werden. Die Kommunikation mit der Erde wurde vom Unternehmen vorsätzlich behindert und als dieses vom Bordcomputer, "Gerty", über Probleme auf dem Mond unterrichtet wird, sendet es einen bewaffneten "Rettungstrupp" auf den Erdtrabanten. Ein Wettlauf mit Zeit beginnt.

Da beiden klar ist, dass es sich hierbei um ein Füsilierungskommando handelt, will der junge Klon den immer kränker werdenden Kollegen in einer Transportkapsel auf die Erde schicken. Um aber dem Überwachungspersonal von Lunar kein Verdachtsmoment zu liefern, muss für die Weile dieses Unternehmens aber erst der Computer überredet werden, seine Systeme herunterzufahren und sich später zu rebooten, was dieser aufgrund seiner programmierten Aufgabe, das Leben Sams zu schützen akzeptiert. Am Ende bietet der sterbende Astronauten-Klon seinem jungen Kollegen den Platz an und dieser reist auf die Erde. Der Film endet mit einem Nachrichten-Spot, in welchem von dem Sturz der Lunar-Aktien berichtet wird, der von dem Bericht eines offensichtlich verrückt gewordenen Lunar-Angestellten ausgelöst wurde, der behauptet ein Klon zu sein.

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(Bild: Sony Pictures)

Der Low Budget-Film (Produktionskosten: 5 Millionen Dollar) entnimmt Komponenten aus Science Fiction-Filmen wie 2001, Solaris, Alien, Outlaw - Planet der Verdammten, Blade Runner und setzt sie nach eigenen Maßgaben vollkommen souverän neu zusammen. Er ist eindeutig gesellschaftskritisch und zeigt Menschen, welche ihr Dasein als Eigentum ihrer Konzerne fristen, erst handlungsmächtig werden, sobald sie über die Bedingungen ihres Tuns zu reflektieren und daraufhin die Parameter ihres Handelns neu auszurichten beginnen. Außer ein paar logischen Ungereimtheiten (das Verhalten Gertys; Aktien würden wohl eher steigen, wenn heraus käme, dass Unternehmen Klone beschäftigen) ist der Film ein inhaltliches und formales Vergnügen. Klone aller Welten vereinigt euch!