Kritik an der Zentralisierung der Energiewende

Netzbetreiber Tennet warnt vor überdimensionierten Leitungen im Norden, im Süden befürchtet man beim Windkraftausbau abgehängt zu werden

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Für die Neufassung des EEG, die bis Februar beschlossen werden soll, ist eine Einschränkung des Windkraftausbaus nur noch auf besonders ertragsstarke Standorte geplant. Diese mögliche Konzentration des Windenergieausbaus auf bestimmte Regionen sorgt allgemein für Unmut. Der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller kritisierte, dann werde der Süden aus dem windreichen Norden fernversorgt. Die Verbrauchszentren in Baden-Württemberg und Bayern hätten dann den längsten Weg zur Quelle des regenerativen Stroms. Das Konzept einer dezentralen Energiewende wäre damit hinfällig.

Das Potenzial der vorhandenen guten Windkraftstandorte im Süden bliebe ungenutzt, statt dessen müsste dafür ein enormer Neubau der Stromnetze finanziert werden, das sei insgesamt ineffizient. Schon jetzt hat eine Konzentration der Windkraft im Norden stattgefunden. Niedersachsen (7,5 GW), Brandenburg (4,9 GW), Sachsen-Anhalt (3,9 GW) und Schleswig-Holstein (3,7 GW) haben am meisten Windkraftleistung installiert. Zum Vergleich: in den Flächenländern Saarland, Hessen, Bayern und Baden-Württemberg liegt die Leistung jeweils unter einem GW.

Auch der Netzbetreiber Tennet spricht sich gegen einen überdimensionierten Netzausbau aus. Sicher spielen auch die eigenen Interessen eine Rolle, denn die Neubaukosten wären auch für Tennet teuer, doch das Unternehmen untermauert seine Kritik auch mit den tatsächlichen Ausbauzahlen. Denn auch bei der Offshorewindkraft und dem Netzentwicklungsplan hat die Politik für bestimmte Regionen eine Konzentration vorgegeben. Doch der tatsächliche Ausbau der Offshore-Kraftwerke hinkt hinterher. Die tatsächliche Inbetriebnahme der Offshore-Windparks falle hinter dem starken Ausbau des Stromnetzes zurück.

Während Stromleitungen mit einer Kapazität von 6,2 Gigawatt in Auftrag gegeben seien, würden gegenwärtig nur Anlagen mit einer Leistung von 2,3 Gigawatt gebaut. Bei der Anbindung von Windparks in der Nordsee drohen deshalb nach Ansicht von Tennet teure Überkapazitäten, die als "Leerstandskosten" letzlich auf den Strompreis aufgeschlagen würden.