Lebensentscheidende Geografie

Am Beispiel Großbritannien wird deutlich, wie stark der Lebensraum die Lebenserwartung bestimmen kann

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Das Leben ist ungerecht. Je nachdem, wo man geboren wird, lebt man länger oder kürzer, zumindest durchschnittlich, schließlich kommt es auch darauf an, in welche Familie man hineingeboren wird.

In Großbritannien kann der Geburtsort schon mal bedeuten, dass einige Jahre an Lebenszeit herausspringen können, wenn die Eltern den richtigen Standort gewählt haben, natürlich nur statistisch.

Nach dem Office for National Statistics, so der Guardian, leben die Menschen im Südosten Großbritanniens mit 79,4 Jahren um ganze vier Jahre länger als die mit 75,4 Jahren in Schottland. In den reichsten Stadtteilen von London, in Chelsea und Kensington, beträgt die Lebenserwartung sogar 89 (Frauen) bzw. 84,4 Jahre (Männer), während die Menschen in Glasgow gerade einmal eine Lebenserwartung von 77,5 Jahre (Frauen) und 71,1 Jahre (Männer) haben. Das sind mehr als 10 Jahre weniger, ein gewaltiger Unterschied.

Der Raum spielt also eine wichtige, wahrhaft lebensentscheidende Rolle, zumindest insofern, als sich die Armen und Reichen an verschiedenen Orten massieren. Die ortlose Virtualität ändert an dieser sozioökonomischen Balkanisierung der Schichten nichts. Offenbar bleibt die Lebenserwartung relativ konstant, es tut sich also nichts im Hinblick darauf, dass die ärmeren und geografisch benachteiligten Schichten aufholen, auch wenn die Lebenserwartung insgesamt und durchschnittlich noch zunimmt.

10 Jahre Unterschied in der Lebenserwartung, je nachdem, wo man geboren wird und aufwächst. Das ist politischer Sprengstoff. Oder es ist Anlass dazu, sich weiter sozial, politisch und geografisch abzuschotten, wenn man zu den Gewinnern gehört.