Mit "harter Hand" durchgreifen - und Drogen legalisieren

Der konservative guatemaltekische Präsident will die organisierte Kriminalität mit einer bisher noch nicht ausprobierten Strategie bekämpfen

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Der "Krieg gegen Drogen" brachte mehrere mittelamerikanische Staaten an den Rand des Scheiterns. Bewaffnete Banden haben das Gewaltmonopol dort teilweise ganz erheblich in Frage gestellt. Nun wagt der konservative guatemaltekische Präsident Otto Fernando Pérez Molina einen Vorstoß, der die Kartelle und Maras an ihrer empfindlichsten Stelle treffen soll: dem Geldbeutel. In einem Radiointerview am Samstag gab er bekannt, dass er anderen politischen Führern aus der Region vorschlagen will, Drogen zu "regulieren", anstatt sie komplett zu verbieten. Dazu, welche Drogen er konkret meint und wie die Regulierung im Detail aussehen soll, machte Molina noch keine Angaben.

Grund für den Vorstoß ist dem Präsidenten zufolge, dass sich weder die zur Bekämpfung des Drogenhandels zur Verfügung gestellte Militär- und Überwachungstechnik noch die Innen- und Justizpolitik der USA als erfolgreich erwiesen hätten. Molina ist erst seit letztem Monat im Amt und war vorher General, weshalb er das Problem, über das er sprach, aus relativer Nähe kennt. Während des Wahlkampfes hatte der Ex-Militärgeheimdienstler, der in der Vergangenheit auch mit Folterverantwortungsvorwürfen zu kämpfen hatte, versprochen, mit einer "mano dura", einer "harten Hand", gegen Gewaltverbrecher vorzugehen. Im letzten Jahr wurden in Guatemala 4.933 Menschen ermordet - fast 2.300 davon alleine in der Hauptstadt. In 96 Prozent dieser Fälle konnte man die Täter nicht ermitteln oder sie blieben aus anderen Gründen straflos.

Am Montag sprach Molina mit Mauricio Funes, dem Präsidenten von El Salvador, der sich dem Plan seines Amtskollegen gegenüber nicht abgeneigt zeigte. Kolumbiens Staatspräsident Juan Manuel Santos verlautbarte bereits im Januar, dass es in der Diskussion um die Eindämmung der Gewaltkriminalität "keine Tabus" geben dürfe und die Entkriminalisierung von Betäubungsmitteln ein Ausweg aus der "tragischen Position" der mittelamerikanischen Länder sei. Die Ex-Präsidenten César Gaviria (Kolumbien), Ernesto Zedillo (Mexiko) und Fernando Henrique Cardoso (Brasilien) plädierten Mitte Februar 2009 bereits für die teilweise Legalisierung leichter Drogen wie Marihuana. In Mexiko hatte u.a. der ehemalige Präsident Vicente Fox 2010 angeregt "die Produktion, den Vertrieb und den Verkauf von Drogen zu legalisieren" (s.a. Für die Legalisierung von Marihuana), was Manuel Zelaya in Honduras schon 2008 gefordert hatte. Im Jahr darauf wurde er aus dem Amt geputscht.

2006 hat Noch-Präsident Vicente Fox kurz vor den Wahlen in letzter Sekunde auf Druck der USA ein bereits verabschiedetes Gesetz zur Legalisierung des Besitzes von geringen Drogenmengen nicht unterzeichnet. Der nach heftigen Konflikten an die Macht gelangte Felipe Calderon rief dann 2007 den Krieg gegen die Drogen aus, der bislang Zehntausende von Menschen das Leben gekostet und die Macht der Drogenkartelle gestärkt hat ( Krieg gegen die Drogen in Mexiko gescheitert).