Portugal gerät ins Visier von Hedge-Fonds

Die Meinung setzt sich durch, dass nach Griechenland bald auch Portugal einen Schuldenschnitt braucht

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Die Lage für Portugal gerät außer Kontrolle und die Ansicht setzt sich immer stärker durch, dass nach Griechenland auch für das Land einen Schuldenschnitt braucht. Während die Umschuldung Griechenlands noch immer nicht in trockenen Tüchern ist, weil es keine Einigung über ein Sparpaket gibt, baut sich am westlichen Rand Europas ein ähnliches Szenario auf. Dass es in Griechenland keine Einigung gibt und immer mehr darauf hindeutet, dass Griechenland auch mit neuen Nothilfe-Milliarden kaum zu retten ist, trägt dazu bei, dass sich die Lage für Portugal weiter zuspitzt.

So glaubt nun auch die britische F&C Asset Management Plc nicht mehr daran, dass Portugal mit seinen Problemen fertig werden kann. Bei einer Veranstaltung in Lissabon sagte der Chefstratege der britischen Fondsgesellschaft am Dienstagabend, die Schuldenlast in einigen Eurostaaten sei "einfach nicht mehr zu handhaben". Paul Niven meinte, man mache sich am Markt "ganz klar Sorgen" darüber, dass auch in Portugal ein Schuldenschnitt nötig wird, in den Banken, Versicherungen und andere private Investoren eingebunden werden.

"Der Markt glaubt nicht daran, dass Portugal aus seinen Problemen entweder herauswachsen oder sich heraussparen kann", sagte Niven und fügte an: "Ich bin der Meinung, dass der Markt damit wahrscheinlich richtig liegt." Die Einschätzung von F&C ist nicht unbedeutend, denn die Gesellschaft verwaltet rund 24 Milliarden Euro und übt für seine Kunden Einfluss auf mehr als 5000 Firmen weltweit aus. Es ist zudem ein hartes Urteil für das schwer angeschlagene Land, das vor knapp einem Jahr Nothilfe aus dem EU-Rettungsschirm in einer Höhe von 78 Milliarden Euro erhalten hat.

Gerüchte sind schon seit längerer Zeit im Umlauf, wonach die konservative Regierung unter Pedro Passos Coelho längst in Beratungen über eine Umschuldung ist. Dass das Land neue Milliarden braucht, auch für seine angeschlagenen Banken, ist bekannt. Die Gerüchte über die Beratungen zum Schuldenschnitt hatte Coelhos Regierung entschieden zurückgewiesen. In einer Stellungnahme erklärte das Finanzministerium: "Diese Informationen entbehren jeglicher Grundlage." Doch abgenommen wird das der Regierung in Lissabon nicht.

Denn Coelho wurde erst im Dezember dabei erwischt, wie er mit Tricks sein Haushaltsdefizit für 2011 aufgehübscht hat. Zudem zeigen neue Daten der europäischen Statistikbehörde Eurostat, dass die Verschuldung Portugals immer weiter aus dem Ruder läuft. Die Staatsverschuldung ist nun auf 110,1% der Wirtschaftsleistung angeschwollen. Lag das Land Ende 2010 auf der Liste noch direkt vor Deutschland mit 93,3%, hat es nun Belgien und Irland überholt und ist hinter Griechenland und Italien auf den dritten Platz vorgerückt.

Dabei hatte es Coelho ohnehin nur mit einem Griff in private Pensionsfonds sogar offiziell geschafft, das mit der "Troika" aus EU Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) vereinbarte Defizitziel 2011 einzuhalten. Ohne die Milliarden aus der Rentenkasse läge die Verschuldung sogar noch deutlich höher. Coelho versucht stets, jeden Vergleich mit Griechenland zu vermeiden. Er sieht sein Land eher im Fahrwasser Irlands, das etwas aus der Schusslinie gekommen ist, nachdem es noch vor Portugal unter den Rettungsschirm gehen musste.

In Irland ist die Verschuldung 2011 nicht wie in Portugal angestiegen, weil die grüne Insel 2011 ein Wirtschaftswachstum verzeichnet hat und darüber auch die Arbeitslosenquote stabilisieren konnte. Portugal ist aber, weil es die drakonischen Sparvorgaben der Troika ohne Abstriche erfüllt, schon 2011 tief in die Rezession gerutscht. Obwohl das Land auch Steuern und Abgaben massiv erhöht hat, konnte es die Verschuldung nicht wie geplant abbauen. Wegen steigender Sozialausgaben steigt sie weiter, während sie in Irland nur noch schwach zugelegt hat.

Da die EU-Kommission davon ausgeht, dass die Wirtschaft Portugals 2012 mit 3% sogar noch stärker schrumpfen wird als die Griechenlands, dürfte Portugals Verschuldung weiter explodieren. Damit wird das Land 2013 aber nicht wie erhofft an die Kapitalmärkte zurückkehren. Eine zweite Nothilfe wird dann wie in Griechenland nötig und wohl auch ein Schuldenschnitt. Diverse Hedge-Fonds haben begonnen, Portugal ins Visier zu nehmen. Hier wittert man nun ein großes Geschäft. Man sieht Gewinne, egal ob es in Griechenland zu einer vernünftigen Einigung kommt oder nicht. Ist der griechische Schuldenschnitt beschlossen, werden viele Anleger auch aus Portugal-Anleihen aussteigen, womit die Kurse massiv sinken dürften. Da zehnjährige Anleihen des Landes schon jetzt nicht einmal mehr zur Hälfte des Nennwerts gehandelt werden, würden sie für Spekulanten bei stark fallenden Kursen zum guten Geschäft. Denn man kann dann mit ihnen sogar noch Geld verdienen, wenn es letztlich zu einem Schuldenschnitt von 50% kommt, wie er derzeit für Griechenland vorgesehen ist. Kommt es nicht zu einer Einigung und zu einer ernsthaften Krise, dürfte der Effekt sogar noch größer sein, womit noch mehr Gewinn zu machen ist.