Rajoy wegen Podemos erfreut über "Staatsstreich" in Griechenland

Nach Ansicht des Spaniers sollte das Land nach dem Referendum längst aus dem Euro geflogen sein, doch aus Angst begrüßt er die Erniedrigung

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Der spanische Regierungschef Mariano Rajoy hatte sich weit aus dem Fenster gelehnt und vor dem Referendum in Griechenland gehofft, nach einem Ja müsse die Syriza-Regierung abdanken. "Die gute Nachricht, wenn die Regierung das Referendum verlieren würde, ist, dass es dann eine andere gibt, mit der verhandelt werden kann." Damit lag er genauso daneben wie mit der Einschätzung, dass Griechenland beim Nein aus dem Euro fliegt. Es war durchsichtig, dass er angesichts des Wahldebakels seiner rechten Volkspartei (PP) im Mai die Schwächung der Syriza-Schwesterpartei Podemos (Wir können es) im Blick hatte.

Entsprechend hat Rajoy erneut gegen Interessen des hoch verschuldeten Spaniens mit Nachdruck in der Front mit Deutschland an der Demütigung der Griechen gearbeitet. Der Spanier spricht aber davon, dass "Europa sehr solidarisch mit Griechenland" war und der "Euro gestärkt" worden sei.

Er will nun vor den Parlamentswahlen im Herbst innenpolitisch Profit aus der Situation ziehen, aber er sieht keine "Rache"an Griechenland, die Krugman den Deutschen vorwirft. Soweit wie der EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker geht er aber nicht, denn anders als dieser will er Syriza und damit auch Podemos als Verlierer sehen, denn er spricht gerne von Syriza-Podemos. Obwohl er noch kürzlich den Rauswurf forderte, um Griechenland abzustrafen, ist er jetzt angeblich nun froh, dass es im Euro bleibt. "Die vereinbarten Maßnahmen sind vernünftig", meint Rajoy, der auch von "Ausgewogenheit" spricht. Dabei wird man um den Schuldenschnitt oder den Grexit ohnehin nicht herumkommen.

Rajoy erklärt: "Jetzt kommt es darauf an, dass alle ihre Verpflichtungen erfüllen." Das sind die Worte des Mannes, dessen Staat unter seiner Führung das erste Land war, das wegen dauernder Manipulationen der Defizitzahlen zur Strafzahlung verurteilt wurde. Er ist der Chef einer Regierung und einer rechten Partei, die nicht nur tief im Korruptionssumpf steckt. Seine Regierung verstößt auch jedes Jahr gegen die Auflagen aus Brüssel, doch als Konservativer ist er unter dem Schutzschirm von Merkel, wird dafür immer wieder aus Brüssel belohnt und die Defizitziele wurden immer und immer wieder nach oben verschoben. Die Parallelen zu Griechenlands Vorgängerregierungen drängen sich geradezu auf.

"Wir müssen verhindern, dass die Linke gewinnt"

Rajoy ist tief in die Knochen gefahren, dass seine PP in fast allen Regionalparlamenten und vielen Stadtparlamenten die Macht verloren hat. Nur mit Hilfe der rechten Ciudadanos (Bürger) kann er zum Beispiel die Hauptstadtregion Madrid noch regieren. Er hofft nun, über die Erniedrigung von Syriza auch Podemos vernichtend schlagen zu können. Er sagte das auch ziemlich deutlich diese Tage. "Wir müssen verhindern, dass die Linke gewinnt, weil die alles zurückdrehen wird."

Es ist zu hoffen, dass eine zuletzt hochmütig auftretende Podemos und Parteichef Pablo Iglesias angesichts der Vorgänge in Griechenland auf den Boden der Realität kommen und mit potentiellen oder realen Bündnispartnern wie "Ahora en Común" (Jetzt Gemeinsam) nun etwas respektvoller umgehen. Vielleicht bringen die Vorgänge in Griechenland sie dazu, doch das Bündnis zu suchen, statt kleinkrämerisch einen Alleinvertretungsanspruch zu vertreten.

Die Wahlgesetze in Spanien bevorteilen große Parteien über alle Maßen und benachteiligen kleine Parteien stark. Das musste Podemos schmerzhaft in Madrid spüren, denn die Zersplitterung der Linken führte dazu, dass die PP die wichtige Region als eine der wenigen weiter regieren kann. Wenn die historische Chance vertan würde, sowohl die PP und die Sozialdemokraten zu überflügeln, wäre das ein Waterloo für Podemos, das dem von Syriza in Brüssel ähnlich wäre. Und damit käme aus dem großen Euroland, mit dem kaum wie mit Griechenland umgesprungen werden kann (wenngleich der warnende Finger nun erhoben ist), eben auch keine Unterstützung für die Griechen, deren Leiden nun verlängert wurden.