Regierungskoalition erklärt Abmahnungen zum Verbraucherschutz

Internet-Enquete des Bundestages kommt zum Ende, Differenzen bleiben bestehen

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Nach nahezu drei Jahren endet die Arbeit der Enquete Internet und digitale Gesellschaft des Bundestages. Auch die letzte Sitzung zeigt: Politikberatung jenseits parteipolitischer und tagesaktueller Streitigkeiten, wie sie eigentlich die Aufgabe einer jeden Enquete sein sollte, kann sie nur begrenzt leisten – zu groß sind die Differenzen und das Beharren auf eigenen Positionen auf allen Seiten ausgeprägt.

Das zeigt sich beispielsweise bei der Verabschiedung des Zwischenberichts der Projektgruppe Verbraucherschutz. Mit den Stimmen der Koalition wurde dort eine Passage aufgenommen, die Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen im Internet grundsätzlich zu einem Element des Verbraucherschutzes erklärt. Immerhin sei es Sinn und Zweck der Abmahnung, eine gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden.

Die Opposition hingegen sieht in den Massenabmahnungen eher einen Missbrauch der bestehenden Gesetzeslage und fordert, hier nachzubessern – bei der Diskussion in der Enquete sind die Vertreter von Schwarz-Gelb jedoch auffallend still.

Ähnliche Differenzen gibt es beim Verbraucherschutz beim Kauf digitaler Medien. Während die Opposition fordert, dass künftig jeder gekaufte Inhalt auch auf allen Endgeräten abgespielt werden kann, wollen es die Vertreter der Koalition nur bei einem Hinweis belassen, auf welche Geräte die Nutzung beschränkt sein soll.

Sowohl von Sachverständigen als auch von den Abgeordneten kommt Kritik an der Arbeit der Enquete. Je näher die Enquete ihrer Endphase kam, um so weniger habe sie als unabhängiges Expertengremium agieren können, fasst Alvar Freude seine Erfahrungen zusammen. Handlungsempfehlungen, die nicht aus der Koalition gekommen sind, hätten die Projektgruppen oft gar nicht erst diskutiert. Dies sei so weit gegangen, dass es nicht immer möglich gewesen sei, fachliche Fehler in den Texten zu korrigieren. Die Sondervoten, die nicht die Mehrheit der Stimmen in der Enquete erhalten haben, sind laut Freude deshalb oft die interessanteren Textpassagen. Besonders kontrovers seien, so Tabea Rößner, die Bereiche Netzneutralität, Urheberrecht, Datenschutz und Green-IT gewesen.

In ihrer letzten Sitzung beschließt die Enquete, dass künftig den Ausschüssen des Bundestages Beteiligungswerkzeuge zur Verfügung gestellt werden sollen. Die Internet-Enquete hat diesen erstmals im Rahmen des Bundestages zum Einsatz gebracht, was zu Beginn auf erheblichen Widerstand gestoßen war. Dabei hat die Enquete auch gezeigt, wie schwierig eine echte Beteiligung der Bürger ist. Zu oft seien nur fertige Texte im Internet zur Abstimmung gestellt worden, merkt Freude kritisch an.

Einigkeit besteht darin, dass dank der Enquete die Netzpolitik einen viel größeren Stellenwert im Bundestag erhalten hat – und die Mitglieder der Kommission durchaus dazu lernen konnten. Ob die Arbeitsergebnisse in den politischen Alltag einfließen oder aber nur mehrere tausend Seiten für den Aktenschrank produziert wurden, wird sich jedoch erst zeigen müssen.