Schlapphut wichtiger als Pressefreiheit

Bundesverwaltungsgericht: Presserechtlicher Auskunftsanspruch gegen den BND nur im Mindestmaß

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Eine Zeitung hatte den Auslandsgeheimdienst Bundesnachrichtendienst auf Auskunft über die Anzahl der dort beschäftigten Personen mit nationalsozialistischer Vergangenheit verklagt. Die Bundesbehörde verweigerte diese Angabe jedoch mit dem Argument, dass es für eine Bundesbehörde keinen Anspruch aus Landespressegesetzen geben könne. Das Bundesverwaltungsgericht gab nun dem Geheimdienst jedenfalls im Ergebnis recht. Eine Bundesbehörde kann zwar unmittelbar aus Art. 5 des Grundgesetzes zur Herausgabe von Informationen verpflichtet sein, jedoch nur insoweit, wenn dies keinen erheblichen Aufwand erfordert. Der Deutsche Journalisten Verband erwägt eine verfassungsrechtliche Überprüfung.

Presserecht unterliegt der Kulturhoheit der Bundesländer. Die jeweiligen Gesetze stimmen jedoch in den wesentlichen Fragen überein, etwa beim Auskunftsanspruch an die Behörden. So sind etwa Behörden in Nordrhein-Westfalen aus dem dortigen § 4 Landespressegesetz NRW verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen, sofern nicht bestimmte Ausnahmen wie Datenschutz, Geheimhaltungsinteressen usw. greifen. Diese Ländergesetze sind mangels Zuständigkeit eigentlich nicht auf Bundesbehörden anwendbar, während wiederum der Bund nicht spezifische Pressegesetze machen darf. Zwar gibt es ein Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, doch dieses "Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes" gewährt deutlich schwächere Ansprüche als solche aus den Landespressegesetzen.

In der bisherigen Praxis wandte man pragmatisch einfach die Landespressegesetze analog auf die Bundesbehörden an. Doch der Geheimdienst ihrer Kanzlerin pflegt eine gewisse Tradition darin, Journalisten juristische Desinformation aufzutischen, wenn er peinliche Informationen schlapphüten möchte. Daher versuchten es die Spione nun beim Bundesverwaltungsgericht mit dem eher formalen Argument, dass die Landespressegesetze nicht auf Bundesbehörden anwendbar seien. Genau diese Rechtsansicht vertritt nämlich einer der befassten Richter öffentlich. Nunmehr sind Journalisten bei Fragestellungen an Bundesbehörden auf das Wohlwollen ihnen gesonnener Behördenleiter angewiesen - oder auf fähige Whistleblower. Seit zwei Jahrzehnten muss der BND etwa mit den Enthüllungen des BND-Kritikers Erich Schmidt-Eenboom leben, zu dem regelmäßig Informationen aus Pullach fließen.

Warum sich der BND bei der Frage nach der Anzahl seiner Nazipersonalien so ziert, ist unverständlich, denn seit Jahren bemüht sich eine (in ihrer Zusammensetzung allerdings streitbare) Historiker-Kommission um die hausinterne Aufarbeitung der BND-Frühgeschichte. Ein Großteil der vom BND gehorteten Akten lag allerdings der CIA in Kopien vor, die aufgrund des Freedom of Information-Acts bereits vor Jahren freigegeben wurden. Eine erste Auswertungen veröffentliche der Publizist Peter Ferdinand Koch, in dessen vor knapp zwei Jahren erschienenem Buch "Enttarnt" zahlreiche Namen und Biographien NS-belasteter Geheimdienstler nachzulesen sind.

UPDATE: Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts