Spaniens Photovoltaikbranche im Aufruhr

Die Regierung erwägt, die Einspeisevergütung sogar rückwirkend zu kürzen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Paradiesische Zustände für die Photovoltaikbranche sind in Spanien definitiv vorbei. Auch dort ist erneut die Diskussion um die Einspeisevergütungen für Strom aus erneuerbaren Energien entbrannt. Wie die Bundesregierung wollen auch die Sozialisten (PSOE) angesichts der schweren Wirtschaftskrise Ausgaben senken.

Wie nun offiziell bestätigt ist, lag das Haushaltsdefizits Spaniens 2009 bei 11,2 Prozent, womit sich das Land in der Spitzengruppe mit Irland, Griechenland und Großbritannien einordnet. Angesichts steigender Ausgaben in anderen Bereichen sucht die Regierung in Madrid dringend nach Einsparpotenzial. Sie hat nun ganz besonders die Einspeisevergütung für Strom aus erneuerbaren Energien im Auge. 2009 wurde der Ökostrom mit 6,2 Milliarden Euro gefördert.

Das Industrieministerium ließ durchsickern, man überlege, die Vergütungen auch rückwirkend zu senken und begründet das auch mit der Wettbewerbsfähigkeit. Weil die Subventionen auch auf den Strompreis umgelegt werden, liege der Strompreis für die spanische Industrie 17 Prozent über dem europäischen Durchschnitt, was dort zu großer Sorge führe, sagte Industrieminister Miguel Sebastián. "Langfristig dürfen die gezahlten Vergütungen nicht dazu führen, dass die Energiepreise die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft, die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie und die Schaffung von Arbeitsplätzen beeinträchtigen." Man müsse über Vergütungen nachdenken, welche die "ambitionierten Zielen" mit der Wettbewerbsfähigkeit in Einklang bringen ().

Damit hat die Regierung alle Verbände der Photovoltaikbranche gegen sich aufgebracht. Es ist klar, dass es vor allem deren weiterhin üppigen Subventionen treffen wird. Zwar haben sich auch Windstromverbände gegen eine rückwirkende Anpassung ausgesprochen, doch angesichts der deutlich niedrigeren Vergütungen für Windstrom ist der Spielraum für Kürzungen relativ gering. Zudem wird über Wind schon ein erheblicher Anteil des Stroms erzeugt, während der von Solarstrom weiter unbedeutend, aber teuer ist.

Die Verbände pochen nun darauf, dass die bis 2012 festgesetzten Beträge unangetastet bleiben. Sonst entstehe Unsicherheit bei den Investoren und Spanien böte ein Bild, dass sich ständig die Bedingungen änderten. Die Regierung kann sich bei der möglichen rückwirkenden Absenkung von Vergütungen aber auf ein Urteil des Obersten Gerichtshof vom 9. Dezember 2009 berufen. Damit haben die höchsten Richter die Klage von Cepsa und Union Fenosa gegen die Regierung wegen einer rückwirkenden Anpassung von Vergütungen abgelehnt.

Ohnehin ist allen Beteiligten klar, dass bisherige Vergütungen in dem Sonnenland nicht zu halten sind. Zwar trat die Regierung im Boomjahr 2008 auf die Bremse, als mehr als 2600 Megawatt Leistung neu installiert wurden, doch auch die gekürzten Vergütungen von bis zu 34 Cent/kWh sind angesichts gesunkener Anlagenkosten noch hoch. In der Krise hat die Regierung über die Genehmigungspraxis die Bremse weitere angezogen, um die Kosten zu begrenzen. Auch das wird erneut kritisiert. Die Verbände verlangen eine "Übereinstimmung zwischen dem Diskurs über die Unterstützung der Erneuerbaren und der Gesetzgebung, die Investoren vertreibt und die Entwicklung des Sektors paralysiert", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung.

Doch auch Selbstkritik wird laut. Weil man hohe Subventionen durchgesetzt habe, wurde eine Deckelung für den Zubau auf 500 MW im Jahr akzeptiert. "Der Deckel ist ein großer Fehler", erklärt zum Beispiel Javier Breva gegenüber der Branchenzeitschrift Photon. Damit habe man eine anachronistische staatliche Einflussnahme auf die Entwicklung der Branche erlaubt, meint der Direktor des Produzentenverbands APPA. Nun wollen die Verbände die Deckelung wieder loswerden und haben der Regierung eine Vergütungsabsenkung in Aussicht gestellt. Gegenüber Photon warfen sie mit 25 Cent/kWh schon eine Zahl in den Raum. Doch es wird weniger werden, denn früher bot die Regierung 22 Cent ohne Deckel an. Die neue Vergütung wird auch davon abhängen, ob sie eine Kürzung für 2010 und 2011 akzeptieren. Schließlich muss Spanien sein Defizit bis 2013 wieder unter die Grenze von 3 Prozent drücken. Beide Seiten sind zudem daran interessiert, dass der angeschlagene Sektor wieder auf die Beine kommt, in dem viele Arbeitsplätze verloren gingen.