Spanischer Richter verweigert auch Sànchez die Amtseinführung

Jordi Sànchez

(Bild: Ralf Streck)

Wahl des katalanischen Präsidenten verschoben: Die Parlamentssitzung zur Investitur am Montag wurde ausgesetzt, bis sich der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg äußert

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Es war zu erwarten, dass der spanische Richter Pablo Llarena dem katalanischen politischen Gefangenen Jordi Sànchez weiterhin die Haftverschonung verweigern würde. Der Richter geht sogar noch darüber hinaus und lässt mit fadenscheinigen Begründungen nicht einmal zu, dass Sànchez am Montag ins Parlament kann, um zum katalanischen Präsidenten gewählt zu werden. Infolgedessen wurde die Wahl bis auf weiteres verschoben.

Damit wird das erklärte Ziel der spanischen Regierung verwirklicht. Regierungssprecher Íñigo Méndez de Vigo hatte mit Blick auf Sànchez angekündigt, man werde "eingreifen", falls ein Präsident gewählt werden soll, der "inkompatibel mit Legalität" sei.

Nach der Entscheidung des Ermittlungsrichters am Obersten Gerichtshof, der dieses Ziel durchdrücken will, erklärte Méndez de Vigo nun, man solle Respekt vor der Entscheidung haben. Sànchez könne nicht Präsident werden und man könne "die Katalanen nicht dauernd betrügen".

Rechtsbeugung

Doch wer betrügt die Katalanen? Es gibt in Spanien kein Gesetz, dass die Amtseinführung eines Untersuchungsgefangenen verbietet. Deshalb wurden bisher auch Untersuchungsgefangene der baskischen Untergrundorganisation ETA immer wieder ins Parlament gelassen. Juan Karlos Ioldi konnte seine Präsidentschaftskandidatur in einer Zeit im baskischen Parlament in den 1980er Jahren verteidigen, als Anschläge der ETA und Gefangenenbefreiungen an der Tagesordnung waren.

Denn in einer Demokratie gilt die Unschuldsvermutung. Eine Person ist so lange unschuldig, solange sie nicht rechtskräftig verurteilt wurde. Im Fall von Sànchez und den übrigen katalanischen Gefangenen wird bisher sogar nur ermittelt.

So greift Llarena im Sinne der Regierung nicht nur tief in die Parlamentsautonomie ein, womit ein zentraler Pfeiler der Demokratie gekippt wird, sondern versucht auch, die politischen und zivilen Rechte von Sànchez und das Wählervotum auszuhebeln.

Der angesehene Verfassungsrechtler Javier Pérez Royo und viele andere Juristen sprechen von "Rechtsbeugung, die gegen die Demokratie gerichtet ist". Sie gehen davon aus, dass sich nun Llarena strafbar gemacht hat und eigentlich seine Richterbefugnisse verlieren müsste. Es sei der "schwerste Fall von Rechtsbeugung, die ein Richter in einer Demokratie" begehen könne, meint Royo.

Die Richtervereinigung Praga spricht von einer "Ungeheuerlichkeit". Sànchez werde für das "brutale Vorgehen der Polizei" in einer "militärähnlichen Operation" gegen Teilnehmer des Unabhängigkeitsreferendums am 1. Oktober verantwortlich gemacht. Sie sprechen von einem "Märchen"; man werde am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg eine andere Geschichte erzählen.

Der Anwalt von Sànchez hat angekündigt, dass man am Montag in Straßburg anrufen werde, um über vorläufige Maßnahmen zu reden, die die Rechte von Sànchez schützen. Derweil hat Parlamentspräsident Roger Torrent die Sitzung zur Amtseinführung auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Torrent will abwarten, wie sich der Europäische Menschenrechtsgerichtshof äußert.

Mit aller Macht und allen Mitteln gegen das Wahlergebnis

Über die spanische Justiz wird nun zum zweiten Mal eine Investitur verhindert. Es drängt sich der Eindruck einer massiven Instrumentalisierung auf. Das Verfassungsgericht hat schon mit Tricks die erneute Amtseinführung von Carles Puigdemont auf Druck der Regierung verhindert.

Es hält bis heute an vorsorglichen Maßnahmen fest, obwohl es bisher nicht einmal entschieden hat, ob es eine "präventive" Klage der spanischen Regierung gegen die Investitur Puigdemonts annimmt.

Natürlich wurde auch noch nicht über zwei Klagen entschieden, die allerdings aus begründeten Zweifeln angenommen wurden, ob es überhaupt verfassungsgemäß war, Puigdemont abzusetzen und Zwangswahlen anzusetzen.

Weil diese wie das Hornberger Schießen ausgingen und die Unabhängigkeitsparteien erneut eine Mehrheit erhielten, wird nun Recht gebeugt, umgangen und Rechte ausgehebelt: Spanien will das demokratische Votum partout nicht anerkennen.