Thatcher-Schatzkanzler Lawson empfiehlt EU-Austritt

Die Erfolge der UKIP bei den Regionalwahlen geben den Europakritikern bei den Tories Rückenwind

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Nigel Lawson war von 1983 bis 1989 Schatzkanzler im Kabinett von Margaret Thatcher – eine Position, die in anderen Regierungen etwa der eines Finanz- und Wirtschaftsministers entspricht. In einem Beitrag für die Times spricht er sich heute für einen Austritt Großbritanniens aus der EU aus, die sich seiner Ansicht nach zu einer "bürokratischen Monstrosität" entwickelt und kaum Vorteile hat. Ein Ausstieg aus dem Gebilde könne seinem Land deshalb dabei helfen, wirtschaftlich wieder auf die Beine zu kommen. Mit dieser Erwartung bezieht sich Lawson auf Berechnungen mehrerer britischer Ökonomen, die im letzten Jahr postulierten, dass die Gesamtvorteile einer Eigenständigkeit wie in der Schweiz mögliche Exportnachteile bei weitem überwiegen würden.

Unmittelbarer Anlass der (von der BBC als "großer Moment" in der Europadebatte gewerteten) Äußerung Lawsons sind aber offenbar die englischen Regionalwahlen, bei denen die Tories am Donnerstag 335 Sitze verloren. Der große Gewinner dieser Wahlen war die europakritische United Kingdom Independence Party (UKIP), die die Zahl ihrer Sitze um 139 auf nun insgesamt 147 steigerte. Setzt sich der Trend fort, dann müssen durch das Mehrheitswahlrecht viele konservative Abgeordnete bei den nächsten Parlamentswahlen um ihr Mandat bangen.

In einer Reaktion auf Lord Lawsons Kommentar verlautbarte ein Regierungssprecher, Premierminister David Cameron habe immer klar gesagt, dass man ein "offeneres, wettbewerbsorientierteres und flexibleres Europa brauche", das sich aus diesen Gründen reformieren müsse. Damit bezog er sich auf ein Referendum über einen Austritt aus der EU, das Premierminister David Cameron für das Jahr 2017 versprochen hat. Bis dahin soll der ehemaligen Wirtschaftsgemeinschaft die Chance gegeben werden, weniger bürokratisch und zentralistisch und dafür demokratischer, flexibler, wettbewerbsfähiger, gerechter und verlässlicher zu werden. Zu diesem Zweck will Cameron im Falle seiner Wiederwahl 2015 neue Verträge mit Brüssel aushandeln.

Der konservative Parlamentsabgeordnete David Davis hatte nach der Niederlage bei den Regionalwahlen angeregt, dieses Referendum vorzuziehen. Andere Tories – darunter der ehemalige Parteivorsitzende Lord Tebbit – drängten den Premierminister, Schritte zu unternehmen, die den Glauben der Wähler daran bestärken, dass die Volksabstimmung 2017 wirklich stattfindet. Ein Schritt dazu wäre die Festlegung eines konkreten Datums. Tebbit hatte am Samstag außerdem angeregt, dass seine Partei angesichts der Erfolge der Europakritiker ernsthaft darüber nachdenkt, welche Positionen sie von der UKIP übernehmen sollte.